7. April 2015
von Steffi
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Rio Paraguacu

Langsam schwimmen Regentropfen an unserem Fenster vorbei. Schon gestern Abend tobte um uns herum das Wetterleuchten, in der Nacht auch der eine oder andere Donner. „Gott furzt.“, sagt Niklas der Sohn meiner Freundin, und macht ganz anschaulich das Geräusch des Donners mit nachfolgender blitzender Erleichterung nach.

Still ist es hier morgens früh vor dem Steg in Maragojipe. Der Bem-te-vi holt mich mit seinem Ruf aus meinen Träumen, sanft plätschert das Wasser gegen das Schiff. Hie und da brummt in der Ferne der Motor eines Fischerbootes, neben uns unterhält sich die Fischersfrau auf dem Einbaum mit ihrem Mann, während sie die Reusen hochholt. Ich fotografiere sie und frage mich, was ich damit bezwecke:

Will ich eine vermeintliche Idylle, eine für uns längst vergangene Zeit festhalten? Will ich zeigen, wie Menschen immer noch leben, von ihrer Hände Arbeit, mit den einfachsten Mitteln? Erhebe ich mich über sie? Führe ich sie vor, wenn ich das Foto zeige? Sind es quasi meine Affen im Zoo?

Jedenfalls schwimmt da neben uns ein anderes Universum vorbei, zwei Welten, die sich gegenseitig in unverhohlener Neugier anstarren.

Manchmal sind wir die Affen im Zoo, manchmal werden wir fotografiert und zu Hause herumgereicht.

Was ist das für ein Gefühl? Mich lässt es gleich-gültig, doch kann ich mir vorstellen, dass nicht jeder das so gleichmütig sieht, der eine oder andere sich vorgeführt oder erniedrigt fühlt.

Also Ich rede mir ein, es geht mir darum, die wunderbare Vielfalt und Schönheit dieser Welt festzuhalten um sie zu teilen, in der Hoffnung, dass meine Leser sich öffnen und die Welt und ihr Leben mit anderen, mit liebevollen, nicht wertenden, dafür verbindenden Augen betrachten.

Mag eine Illusion sein, eine von vielen, die ich über das Leben habe!

Fischer vor Maragojipe

Fischer vor Maragojipe

Nicht werten: Das fällt schwer bei der Einfahrt in den Rio Paraguaçu, wo die Werft von Petrobras liegt, die den Nachthimmel zum Tag macht, wo alte Ölplattformen aufgearbeitet oder verschrottet werden. Nein, es ist kein schöner Anblick. Doch wenn ich Diesel in meinem Dank haben will, kann ich es nicht verurteilen, ohne mich schuldig zu fühlen und das ändert nichts, ich fühle mich nur schlecht.

Ändert es etwas, wenn ich dankbar für diese Technologie bin, die mir unter anderem diese Reise erst ermöglichte? Das Werk wird deshalb auch nicht schöner, doch ich fühle mich besser und kann meine Kräfte zum Wohle aller einsetzen.

Werft

Werft

Gegenüber der Werft

Gegenüber der Werft

Gegenüber der Werft und weiter den Fluss entlang ist das Ufer von Mangroven gesäumt, dahinter liegen Reste des atlantischen Regenwaldes, vermischt mit Kokospalmen. Kleine Strände, der eine oder andere mit einem hübschen Häuschen dahinter sind darin verborgen. Das hügelige Ufer schillert in allen Grüntönen, von jungem Birkengrün bis dunkler Tanne. Fischer in Einbäumen oder Holzbooten gehen ihrem Handwerk nach, auch die traditionellen Saveiros mit ihren riesigen Segeln transportieren nach wie vor Waren den Fluss hinauf und hinunter.

Zwei Welten

Zwei Welten

Es ist wunderschön.

Dorf am Paraguacu

Dorf am Paraguacu

Rio Paraguacu

Rio Paraguacu

Viel haben wir noch nicht gesehen von Maragojipe, ein paar Einbäume im Fluss, ein weidendes Pferd auf dem Marktplatz, ein ertränkter Hund in einer Tüte zwischen den Mangroven. Eine Dorfkneipe, wo die Chipstüten und Kekspackungen von der Decke hängen, der Cachaça in verschiedenen Geschmacksrichtungen und Farben in Wasserflaschen am Regal steht, und die Wirtin voller Liebe, Stolz und Zärtlichkeit auf ihre halbwüchsige Tochter blickt – ein strahlendes Lächeln auf ihren Gesicht, das unsere Herzen wärmt.

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Mara (7)

Kneipe in Maragojipe

Kneipe in Maragojipe

Der Regen verzieht sich, die Sonne verwandelt die feuchte Luft in ein schwüles, drückendes Gelee. Das Schulschiff bringt die Schulkinder ans andere Ufer, wo sie wohl verborgen im Grün wohnen. Das würde ich gerne nochmal erkunden! Doch jetzt kommt Wind auf, Anker auf, weiter geht’s!

Kirche in Maragojipe

Kirche in Maragojipe

Von Salinas nach Maragojipe (erstellt mit Navionics)

Von Salinas nach Maragojipe

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7. April 2015
von Steffi
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Salinas da Margarida

„Steffi, komm schnell, wir müssen hier weg, der Anker schliert, wir hängen schon an der Robusta!“

Uups, das ging jetzt aber schnell! Zwar sind wir die vergangenen drei Tage langsam näher gerückt, doch waren wir beim Aufstehen morgens noch weit genug weg, bis zu unserer geplanten Abfahrt hätte es reichen müssen.

War aber nicht so.

Also schnell Anker rauf und zum Frühstücken, Wassertanken und Einkaufen an den Steg gelegt. Irgendjemand hatte mir gesagt, das kostet ein paar Reals, doch nach dem langem und übervollen Wochenende war das Büro geschlossen.

Mir soll’s recht sein.

Unglaublich wie voll die Marina in Itaparica, wie voll das Ankerfeld am Osterwochenende war! Da lagen kleine und große Motoryachten, voll mit Familie und Gästen, Musik und Cocktails, aber auch jede Menge Segelschiffe. War mir gar nicht bewusst, dass es so viele Segler hier gibt! Und jetzt ist alles leer! Wie ausgestorben! Die Fischer ziehen wieder neben uns die Netze ein!

Fischer vor Itaparica

Fischer vor Itaparica

Ostern trafen wir wieder auf Tom, Thomas und Anja, nachdem wir in den Tagen zuvor meiner Freundin Anuschka und ihrem Sohn Niklas ein wenig Salvador und Umgebung gezeigt hatten. Informativ und witzig wurde es mit Jochen und Hanna, jenem Segler, den wir aus Katwoude kennen: Jochen weiß auf alles eine flotte Antwort! Und weil er doch eine Weile hier gesegelt ist, bevor er sein Schiff verkaufte und sich auf Itaparica niederließ, weiß er auch ein wenig Bescheid, genug, um uns zu erzählen, was er alles nicht gefunden hat…

Die Robusta hat ein Problem mit dem Motor, so können wir nicht wie geplant gemeinsam die Bucht erkunden. Thomas wartet auf ein Ersatzteil und Tom wird ihn nach Salvador begleiten, schließlich hat die Robusta keinen Motor und Tom kann vielleicht helfen, wenn es nötig werden sollte.

Also fahren wir alleine weiter vorbei an Mangroveninseln, neben denen die Hochhäuser Salvadors wie von einem anderen Stern scheinen, nach Salinas da Margarida, einem Dorf kurz vor der Einfahrt in den Rio Paraguaçu. Ruhig soll es hier sein, selbst am Wochenende.

Salinas

Salinas

An einem Montag im brasilianischen Herbst sind wir die einzigen, die hier vor Anker liegen. Das Dorf ist leergefegt, bis auf ein paar Männer die am Dorfplatz vor den Barracas Karten spielen, mitten drin Endy, mit seiner dicken, silbernen Kette, auf der sein Name wie auf einem Mercedesstern steht, den Ohrringen und Tattoos. Tomy, der den Namen liest, witzelt, ich solle ihn doch nach dem Internetzugang fragen, Endy checkt bestimmt alles hier, doch ich frage den Wirt. Der tut geheimnisvoll, ich frage ja nicht nach seiner Barraca, sondern der daneben. Nein, könne er mir nicht sagen.

Nach einer Weile kommt Endy verstohlen an unsern Tisch geschlichen und flüstert mir das Passwort zu, welches nur leider nicht funktioniert. Dennoch geht er stolzgeschwellt, sich seiner Wichtigkeit völlig bewusst von dannen.

Auf seiner Kette steht Enjoy.

Genießen, das tun wir!

Nachts liegen wir mitten in der Einflugschneise.

Gut, fliegen tut hier keiner, aber die kleinen Fischerboote tuckern lautstark an uns vorbei, bei Sonnenuntergang freundlich winkend hinaus in die Bucht, ein paar Stunden später in völliger Dunkelheit und unbeleuchtet wieder hinein.

Wenigstens sind wir beleuchtet, dank billiger Solarlampe aus dem Baumarkt, die weniger rostet, als alles Hochwertige hier an Bord.

Kirche in Salinas

Kirche in Salinas

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3. April 2015
von Steffi
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Frohe Ostern

Wir wünschen allen unseren Lesern, Fans, Freunden und Familie ein Frohes Osterfest!

Bitte habt Geduld, es kommen viele Blogeinträge und Infos, ich brauche nur gutes Internet und gleichzeitig Muse. Beides zusammen ist hier schwierig zu bekommen.

Vielen Dank für alle Kommentare, Facebook-Likes, Newsletter-Abos, Emails und Anteilnahme.

Ihr seid großartig!

Steffi und Tomy

Gustav

Gustav und King Julienne

Gustav und King Julienne

28. März 2015
von Steffi
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Ein Segen für 20 Real

„Der, fotografiere den dort!“, weist Tomy mich an, doch ich habe den Pai dos Santos schon längst entdeckt und im Visier.

Er mich aber auch.

So schnell kann ich gar nicht reagieren, wie er mich mit seinen Pflanzenbündel an Kopf und Schultern berührt, um mich herum wedelt, mich mit duftenden Wasser besprüht und mir Reis über den Kopf streut. Dabei murmelt er vor sich hin, irgendwas von Oxossi und Yemanja, ich denke, na gut, passt wenigstens, auch wenn ich jetzt wie eine Nutte stinke. Und frau weiß ja nie, wozu ein Segen gut ist, auch dann nicht, wenn der Candomble-Priester dafür mit ungerührter Mine 20 Real verlangt. Dafür bekomme ich aber auch ein schönes Foto von ihm und seinen Kollegen, während die anderen Touristen mit ihren Kameras unfreundlich weggewedelt werden.

Pais dos Santos

Pais dos Santos

Die Straße überqueren die beiden nicht.

Dort, auf der anderen Seite, steht die Wallfahrtskirche Bonfim, geweiht dem Herrn des Guten Endes, Jesus, der Kranke heilt, Jesus, und natürlich hier mit einem der Orixas gleichgesetzt wird, doch zu Ostern wird Abstand gehalten. Verbindend wirken nur die bunten Bändchen, die festgebunden am schmiedeeisernen Zaun fröhlich im Wind flattern.

Stadt (3)

Wir zeigen Leentje und Patrick, später Anuschka und Niklas die Sehenswürdigkeiten Salvadors.

Von Bonfim fahren wir nach Ribeira, essen Eis in der angeblich besten Eisdiele Südamerikas, nun zumindest die Zertifikate an der Wand und die Auswahl sind beeindruckend. Und das Maracujaeis ist wirklich gut! In Ribeira liegt auch jene Marina, in der wir Yemanja lassen wollen, wenn wir nach Hause fliegen, also reservieren wir schon mal einen Platz. Der Manager spricht etwas Englisch und freut sich über Gäste aus aller Welt: Stolz zeigt er uns die Zeichnungen der Crews in seinem Büro.

Stadt (7)

Sorvete da Ribeira

Sorvete da Ribeira

Stadt P

Von Ribeira fahren wir zurück zum Forte Monte Serrat, und blicken auf Salvador und den Strand von Boa Viagem.

Strand von Boa Viagem

Strand von Boa Viagem

Am Monte Serrat

Am Monte Serrat

Dann bringen wir das Auto zurück zur Marina, und gehen ins Pelourinho. Ein Kreuzfahrtschiff ist in der Stadt, also geben die fünf Jungs an ihrer Trommel alles – kaum zu glauben, wieviel Stimmung so eine kleine Gruppe entwickeln kann!

Stadt2 (8)

Wir gehen den Berg hinunter vorbei an der Kirche Nossa Rosario dos Pretos, auf der anderen Seite hinauf zum Karmeliterkloster. Gegenüber in einer Bar blicken wir hinab aufs Commercio und unser Schiff und lassen uns das Mittagsmenu gut schmecken.

Blick auf Yemanja in der Marina

Blick auf Yemanja in der Marina

Im Carmo

Im Carmo

Stadt2 (12)

Blick aufs Commercio

Blick aufs Commercio