21. April 2015
von Steffi
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Grizzabella und die unbefleckte Empfängnis

Wir haben uns nicht an meinen eigenen Rat gehalten. Nämlich nicht ins Viertel hinter der Kirche Conceição da Praia zu gehen. Aber die Graffitis lockten.

Ihr müsst wissen, ich liebe Graffiti und Straßenkunst. Das ist einer der Gründe, warum ich Salvador so mag: Es ist voll davon! Mit Graffiti meine ich nicht diese Schmierereien auf schönen Häusern, oder in heruntergekommen Gegenden, voller Parolen und schwarzer Farbe. Das Graffiti das ich liebe, verschönert verkommene Ecken, ist bunt, fröhlich, phantastisch, manchmal kritisch und aggressiv. Und dieses Viertel gegenüber der feinen Marina, oft als Favela und als No-Go bezeichnet, ist voll davon.

Unten an der Straße fängt es an – ein Bild, um es fotografieren zu können, muss ich näher dran. Dahinter tun sich neue Welten auf. Noch an die nächste Ecke. Wow! Kaum ein Haus in der Straße ist nicht bemalt oder mit Mosaiken verziert! Wir gehen weiter, nur noch bis dahin, nein bis zum nächsten…

SSA Ladeira K 0415 (29)

Um die Ecke, aus einem besonders hübsch verzierten Laden, in dessen Vorgarten aus alten Kloschüsseln ein Buddha sitzt, winkt uns eine junge, fesche Frau mit offenen Lächeln zu. Ob sie uns das Kulturzentrum zeigen soll?

Com certeza!

In den Räumen haben die Künstler ihre bescheidenen Ateliers, Trommeln stehen herum, hier wird getanzt, gelacht, musiziert und gemalt. Das Centro Cultural que laderia e essa hat sogar eine Facebook-Seite und eine Homepage! Dies ist offensichtlich ein lebendiges Viertel, in dem die Menschen es dank einer knappen Handvoll Begeisternder geschafft haben, Erstaunliches auf die Beine zu stellen, Kontakte zu Künstlern in aller Welt zu schaffen. Ist das eine typische Favela, so wie wir uns das vorstellen, in der Drogen und Hoffnungslosigkeit regieren? Mir erscheint es eher ein Künstlerviertel zu sein, voller Querdenker und Träumer – was sie nicht reicher an weltlichen Gütern macht. Aber vielleicht erfüllter.

Grisbela, sie heißt wirklich fast so, wie die Katze mit den sieben Leben aus Cats, bietet uns an, uns die Straße hinauf zu begleiten. Fremde, sagt sie, werden misstrauisch beäugt und ich solle die Kamera vorsichtig einsetzen und keine Begehrlichkeiten wecken. Ihr Mann Marcelo Teles ist Maler und Anstreicher und als solcher streicht er den Grund für die Wandbilder. Stolz zeigt sie uns die Werke ihres fünfzehnjährigen Sohnes.

Nachwuchskünstler

Nachwuchskünstler

Und so steigen wir höher und höher in ein Viertel, in das sich wohl kein vernünftiger Brasilianer wagt, bewundern den Witz und die Ironie der Künstler, die jeden (Scheiß)haufen zur Zierde werden lässt, die Liebe zu ihrer Stadt. Ja, wir gehen sogar die Straße mit den Bögen, in denen Steinmetze ihrem Handwerk nachgehen, wieder hinunter. Fotografierend. Unbehelligt.

Scheißhaufen - Centro Cultural que laderia e essa

Scheißhaufen – das Haus damit ist mittlerweile eingestürzt

Die Straße der Steinmetze

Die Straße der Steinmetze

Und die unbefleckte Empfängnis?

Sie hat nach meinem Verständnis etwas mit Unschuld zu tun, aber nicht im sexuellen Sinn: Sicherheit liegt in dieser Unschuld, im Wissen dessen, was mich antreibt, was in mir ist, wer ich bin. Die liegt in der Erkenntnis und Vergebung meiner Gewaltbereitschaft, meiner Gier, meiner Aggressivität, meiner Bereitschaft, zu betrügen, und sei es ums Geld für den Parkautomat. Oder in der Erkenntnis dessen, wo ich mich selbst betrüge, mir etwas vormache, ja mir selbst, meinem ureigenen Wesen, Gewalt antue. Sie liegt in meiner Fähigkeit nicht zu beurteilen, sondern zu lieben was ist. Das kannst du als naiv, lächerlich, dumm, Psycho-Quatsch oder esoterisch oder sonst was abtun. Du kannst dich diesen Gedanken aber auch öffnen. Jemanden anderen, den Umständen, der Regierung, der Gesellschaft, den Eltern oder wem auch immer, die Schuld zu geben, ist jedenfalls einfacher. Und auf die Dauer leidvoller. Das schreibe ich aus Erfahrung.

Ich übe mich im Nicht-Urteilen, bin keineswegs perfekt darin, aber zumindest voller Vertrauen ins Leben, darin, dass alles einen Sinn hat. So kann ich mich öffnen und Grisbelas Einladung in ihr Viertel folgen. So finde ich wieder Wunderbares, ohne zu suchen – Serendipity.

Ja, so ist das mit dem Urteilen: Die Kirche Conceição da Praia sieht von außen wie eine Ruine aus, ich frage mich, ob wir da überhaupt reingehen können, ohne ein Trumm auf den Kopf zu bekommen. Doch sie ist offen: Hinter den schweren Türen verbirgt sich eine der schönsten und besterhaltensten Kirchen Salvadors!

Centro Cultural que laderia e essa

Und noch mal Unbefleckte Empfängnis!

Obrigado, Crisbela!

20. April 2015
von Steffi
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Sonntags in Barra

Verrückt! All die Brasilianer zieht es am Wochenende hinaus aus der Stadt, zu den Stränden, auf die Schoner Boote und in die Bucht. Was tun wir? Wir fahren am Wochenende in die Stadt, wieder ins Centro Náutico, weil es zentral gelegen ist. In die Stadt fahren wir diesmal, weil unsere Zwillings-Engel 30. Geburtstag haben und wir mit ihnen skypen wollen. Dazu brauchen wir gutes Internet, das wir bei unseren Freunden, Mollie und Nelson, finden.

Auch das Internet in der Marina reicht am Sonntagmorgen zum Chatten und so erfahre ich, dass es Anja nicht gut geht. Wie schlecht es ihr geht, merke ich erst, als sie bei uns am Schiff ist: Sie hat hier keine guten Erfahrungen gemacht. So hat sie kein Vertrauen mehr zu den Menschen hier, kann nichts Positives mehr an Salvador und Brasilien finden. Schlechte Erfahrung häuft sich an schlechte Erfahrung. Die Ersatzteile für den Motor lassen auf sich warten, in der Marina stinkt es, dank der Abwässer der Favelas rundherum, keiner hilft und und und…

Ich denke, mir ginge es erst mal genauso, wäre ich an ihrer Stelle!

Um sie aufzumuntern fahren wir nach Barra an den Strand. Die Uferstraße ist mittlerweile Fußgängerzone, auf ihr und am Strand tummeln sich die Menschen. Ganze Familien sind unterwegs, von der Oma im Rollstuhl, bis zu den ganz Kleinen am Arm der Mutter. Alle sind sie schick, egal ob im knappen Bikini oder im Sommerkleid. Ein Riesenrad steht am Strand, auch ein Surf-Simulator, alles zum Vergnügen der Kinder.

Strand in Barra

Strand in Barra

Am Strand kosten die Stühle und der Sonnenschirm je fünf oder zehn Real. Nun ja, der Platz ist knapp, und hier tummeln sich nur die, die das aus der Portokasse bezahlen. Ist halt jetzt so, für die anderen Strände außerhalb der Stadt, wo Sitzplatz und Schatten kostenlos sind, war nicht mehr genug Zeit. Das Bier ist dafür recht preiswert.

Fliegende Händler bieten an, was das Herz begehrt: Sonnenbrillen, Pareos und Strandblusen, Ohrringe und Schmuck, Chips, Austern, Nüsse, gekochte Wachteleier und vor allem Queijo Assado, gegrillten Käse. Die Jungs – oder Mädels, haben ihr Grillöfchen am Henkel, meist eine alte Dose oder einen alten Topf, in dem die Holzkohle schwelt. Ein paar Mal geschwenkt, und die Glut ist wieder heiß. Und der Käse lecker!

Ja, es ist vollkommen in Ordnung hier, in einer Strandbar zu sitzen und die Speisen der fliegenden Händler zu verzehren!

Mit der Flut kommen neue Freuden: Ein paar Laser und Hobby-Cats segeln um die Ecke, sie warten auf den Startschuss für eine Regatta. Ein, zwei Jungs versuchen sich mit Wellenreiten, die Mädels zieht es mehr aufs Bodyboard. Junge Burschen werfen sich in wagemutigen Sprüngen über die Wellen, die Mädchen sind etwas zaghafter. Spaß haben alle!

SSA Barra K 0415 (2)

Der Strand leert sich, zurück bleibt ein Sandkünstler:

Sandkunst

Sandkunst

Anja wirkt wieder zuversichtlicher. Zwar habe ich sie vor den Kopf gestoßen, indem ich sie unsensibel daran erinnerte, dass es an ihrem Standpunkt liegt, wie sie die Welt erfährt, doch Thomas schafft es wohl, sie zu beruhigen. So kommt ein Bier zum anderen, in einer Bar mit Musik. Anja und ich schmücken uns noch mit fremden Federn, bevor wir gerade vor Einbruch der Dunkelheit einen Bus ins Pelourinho erwischen. Der Sonnenuntergang ist ein Traum! Den Abend beschließen wir bei uns am Schiff…

Fremde Federn

Fremde Federn

Übermorgen wollen wir sie in der Bucht treffen, gemeinsam mit Tom.

Sonnenuntergang vom Lacerda aus

Sonnenuntergang vom Lacerda aus

20. April 2015
von Steffi
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Haut und Knochen

Ich kann sie nicht alle retten, ich weiß. Kinder nicht und Straßenköter auch nicht. Ich kann nicht alle Kinder dieser Welt füttern und trösten, und auch nicht alle Hunde. Nur diese eine.

Sie hat Augen, dunkel wie Kaffee und tief wie das Universum. Sanft sieht sie mich damit an, nachdem sie ihre Pfoten ebenso sanft auf meinem Schoß legte, immer ohne einen Laut. In ihrem Blick liegt die Unendlichkeit. Sie bettelt nicht. Und doch liegt in ihrem Blick die Bitte nach einer liebevollen Geste, nach Nahrung und Geborgenheit. Wenn ich sie streichle, schmiegt sie ihren Kopf dankbar in meine Hand. Sie ist vollkommen präsent.

Diese Hündin hat es mir angetan. Sie berührt mein Herz, nicht mein Leid.

Ita Hunde (1)

Zum ersten Mal legte sie ihren Kopf auf meinen Schoß als wir in Itaparica vor ein paar Wochen ankamen. Sie lief zu allen Gästen des Steak-Restaurants, kaum einer konnte sich ihren Zauber entziehen. Dünn war sie, schwer hingen die Zitzen von ihrem Bauch. Irgendwo mussten ihre Jungen sein.

Eine Woche später, als wir wieder kamen, fanden wir abends die vier Welpen auf einem alten Hemd am Wegesrand unter einem Baum. Jemand schien sich zu kümmern. Ich war getröstet. Am nächsten Tag waren sie weg, die Mutter immer noch da, sanft, stumm und präsent. Ich war überzeugt, dass jemand sich um die Kleinen auf eine ganz bestimmte Weise gekümmert hatte, so wie es Onkel Franz in meiner Kindheit mit den neugeborenen Katzen gemacht hatte. Schon damals habe ich das als vollkommen natürlich empfunden: Wo hätten die Katzen denn hinsollen? Und Straßenhunde gibt es schließlich genug hier, durchaus wohlgenährte übrigens.

Ita Hunde (3)

Wieder eine Woche später, wir waren Pizza essen, kam sie vorbei um auf ihre sanfte Art um ihren Anteil am Leben zu bitten. Der Kellner jagte sie fort, doch sie kam wieder. Ich trug sie von der Terrasse, doch wer lässt sich schon fernhalten, wenn sie Hunger hat? Irgendwann gab sie auf, ich wollte nicht drüber nachdenken, was der Kellner vielleicht mit ihr gemacht hatte.

Gestern, als wir allein unseren Caipirinha tranken, kam sie wieder, nur mehr aus Haut und Knochen bestehend. Wenn ich sie streichle, spüre ich nur Knochen. Doch ihr Gesicht, ihre Augen, ihre Präsenz sind unverändert.

Da höre ich ein Quieken aus der Ecke hinter den Geldautomaten! Hinter einem Brett ist ein kleiner Raum, in dem sich drei Welpen tummeln! Einer fehlt, vielleicht sehen wir ihn nur nicht! Ich mache das Brett weg, sofort stürzen sich die drei auf die ebenso ausgehungerte Mutter…

Kann frau einem Hund etwas versprechen? Eine Mutter einer anderen Mutter, über alle Grenzen der Natur hinweg?

Ich tue es: Ich verspreche am nächsten Tag mit einem Sack Futter wiederzukommen.

Laura, unsere Tochter, die sich schon um Tessa, unseren Hund mit ebenso lieben Blick kümmert, beschwört mich, ja keinen weiteren Hund mitzubringen. So gerne ich dieser Hündin ein liebevolles menschliches Rudel verschaffen würde, so sehr weiß ich, dass wir es nicht sind. Ein Hund an Bord, für uns klappt das nicht, auch wenn viele Segler einen haben.

Aber wenn sie diese eine Nacht keinen Hunger hat und genug Milch und Kraft um ihre Jungen zu säugen, dann ist ein Stück Himmel auf die Erde gefallen. Wir waren nur sein Werkzeug.

Ita Hunde (5)

Nachtrag: Abends finden wir sie zwischen den Geldautomaten, sie säugt nur mehr zwei Welpen. Ein Brasilianer kommt mit seinem Hund, behauptet, dieser wäre der Vater und er hätte gerne den kleinen Braunen. Spricht‘s, schnappt sich den Hund und geht. Ich starre ihm fassungslos nach: Der Kleine bräuchte noch mindestens vier Wochen die Milch der Mutter, abgesehen von der Sozialisation. Aber dafür fehlt den Menschen hier das Verständnis, und wer bin ich zu richten? Vielleicht ist das die einzige Chance, die dieses Hunderl auf einen immer gut gefüllten Bauch und etwas Liebe hat.

Klar ist mir auch, dass der letzte, der nun die meiste Zeit allein zwischen den Automaten tapst, bald von jemand durchaus mit einer liebevollen Absicht, mitgenommen wird. Und so ist es. Doch ich bemerke auch, dass diese Hündin wirklich viele Herzen rührt, wie viele sich um sie kümmern, ihr etwas zustecken und sie streicheln, wie viele Menschen uns freundlich und dankbar anlächeln. Ein bisschen in Sorge bin ich noch wegen ihrer vollen Zitzen: Gefüllte Brüste schmerzen! Doch die Milch quillt einfach über, sie schleckt sie auf. Jetzt bin ich zuversichtlich, dass es ihr bald wieder gut gehen wird. Nur eine Wurmkur werden wir ihr noch sicherheitshalber verpassen, obwohl kein anderer Hund damit Probleme zu haben scheint.

Nachtrag zwei, drei Tage später: Sie kommt uns schwanzwedelnd und freudig entgegen, ihre Rippen drücken sich nicht mehr durch – die Wurmkur erübrigt sich wohl. Und ja, so viele hier lieben sie, streicheln sie, kümmern sich…

Ach so, frau kann es ja nie allen recht machen: Kinder füttern wir auch!

April 2016: Die Hündin heißt Nega, wird von den Einwohnern Itapricas gefüttert und geliebt. Und sie ist sterilisiert (nicht kastriert)

9. April 2015
von Steffi
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Land unter

Nachts ist es unruhig vor Sao Francisco. Der Windgenerator saust, wir haben bestimmt 20 Knoten Wind, und doch liegen wir mit dem Heck im Wind, denn die Strömung der ablaufenden Flut ist stark. Es kracht und knarrt, Tomy schnarcht und ich tue kein Auge zu. Was schlägt da ständig gegen den Rumpf? Vermutlich sind es kleine Äste, die im Fluss treiben. Hält der Anker? In dem Schlamm wie einzementiert…

Trüb ist es am nächsten Morgen, wir lichten den Anker und diskutieren wohin: Ilha des Frades oder zurück nach Itaparica? Niklas will mit seinem Vater auf Facetime sprechen, also Itaparica. Vor der Werft frischt der Wind auf, wir setzen Segel und hurtig geht es dahin, das Dinghi surft an der langen Leine hinter uns her.

Und genau das war der Fehler: Beim Ankern überholt es uns, die Leine sinkt unter das Schiff und wickelt sich um die Schraube des Motors. Mist! Immerhin hängen wir fest, sind sicher, von hier aus erwischen Anuschka und Niklas sicher ihr Flugzeug. Doch erst mal taucht Tomy um die Schraube frei zu wickeln.

Blut überströmt taucht er wieder auf, Niklas kreischt – Zombies in Film und Videospiel legt er zu Dutzenden um, doch im echten Leben fehlt es ihm noch etwas an Schneid…

Der Rotor ist frei, Tomy spült seinen Kopf – die Wunde ist kaum zu sehen, jeder aufgekratzte Pickel ist größer…

Abends, wir sitzen im Restaurant in der Marina, kommt der Regen: Erst wird das Licht gelb, eine ganz bezaubernde Stimmung legt sich über die Schiffe. Rechts taucht etwas blauer Himmel und ein paar weiße Wolken auf, dort ist Tag, dort ist Licht, doch von links schieben sich die dunklen Wolken wie eine Schiebetür aus Wasser davor und nehmen dem Tag das Leuchten.

Regenwand

Regenwand

Jochen und Hanna kommen vorbei. Gestern wären hier über 30 Knoten Wind durchgefegt, bei zwei Schiffen hätte der Anker nicht gehalten. Jochen war heute in Salvador, von ihm und per Facebook von unseren Freunden, erfahren wir, dass in Salvador heute Nacht und tagsüber die Welt unterging: Hütten rutschten die Hänge hinunter, in den Straßen taten sich metertiefe Löcher auf, die Wasserversorgung brach zusammen…

Seltsam, seltsam – wir kriegen mal wieder nichts mit…

Doch am nächsten Morgen schaukelt es heftig, Anuschka wird doch wieder seekrank und verzieht sich an Land, zu Jochen und Hanna, die Zimmer vermieten. Ein Regenschauer nach dem anderen zieht durch, während ich Berichte schreibe und die Fotos dafür bearbeite. Nach dem nächsten Regenschauer geht’s an Land zum Posten. Doch irgendwie lassen sie nicht nach, wir werden ziemlich nass! Auch am folgenden Tag ist es windig und regnerisch: Anuschka und Niklas fahren mit der Fähre zurück, wir treffen uns in der Marina: Ihr Urlaub ist um, noch ein tolles Abendessen in der Churrascaria Fogo do Chao und dann sind wir wieder allein!

Ich bekomme Heimweh, Sehnsucht nach meinen Töchtern und Lian und dem Kleinen im Bauch seiner Mama…

Sao Francisco de Paraguacu

8. April 2015
von Steffi
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Sao Francisco do Paraguaçu

Heute sind wir die Affen. Jede unserer Bewegungen, von der Anfahrt, über das Ankermanöver bis zum Anlanden mit dem Dinghi wird von den vier Typen vor der Bar am Ufer aufmerksamst beobachtet – und sicher auch kommentiert.

Unser Ziel sind die Ruinen des Klosters Sao Francisco de Paraguaçu. Von Maragojipe sind es nur zwei Meilen Luftlinie, doch wir müssen den Sandbänken ausweichen, erst zur Ilha Frances und dann entlang des Ufers hinauf, macht vier Meilen.

Ah, dieses Ufer! Die Mangroven mit den kleinen Stränden, der Regenwald dahinter, die Palmen, eine kleine Siedlung, Einbäume und andere Fischerboote dazwischen… Wir teilen diese Idylle, die für die Bewohner sicher keine Zuckerschlecken ist, mit zwei anderen Schiffen.

Sao Francisco

Sao Francisco

Die Ruinen wachsen aus dem Urwald wie die Kulisse eines Filmes. Erleben wir das gerade wirklich?

Hinter den Holzgittertüren huscht eine Gestalt – ob wir das Glück haben, sie besichtigen zu können?

Serendipity…

Der Hüter der Ruinen erwartet uns freudestrahlend am Tor, schließlich kommen nur alle drei, vier Tage Leute vorbei, die sich für dieses einst bedeutende Kloster interessieren: Es ist eines der ältesten Konvente in Brasilien, gebaut zwischen 1660 und 1686, 206 Mönche lebten hier, heute leben mindestens ebenso viele Fledermäuse darin, ein Geierpaar brütet auf dem Schornstein. Mehr als die Grundmauern stehen kaum mehr. Der Ruinenhüter zeigt uns alles: Die Schlafsäle im nicht mehr vorhandenen zweiten Stock, das Becken, in dem die Wäsche und das Geschirr gewaschen wurde, die riesige Feuerstelle daneben, den Glockenturm, in dem zwei Glocken läuten, wie lange wird es dauern, bis er ihr Gewicht nicht mehr halten kann? Er zeigt uns die alten Azujelos und den Orignalboden, von Gras überwuchert, das Gemäuer, dessen Mörtel von Sklaven per Hand mit dem Lehm und den Muscheln des Flusses angerührt wurde. Er zeigt uns die Tomben und Grabmale der Äbte und hochgestellten Persönlichkeiten. Und er zeigt uns jenes Verlies, in dem das Wasser mit der Flut hochsteigt, solange bis die in Ungnade gefallenen Sklaven, die hineingeworfen wurden, darin ertranken. Kann sein, dass an dieser Stelle meine Fantasie meinen Portugiesischkenntnissen einen Streich spielen, doch eigentlich waren seine Gesten unmissverständlich.

Er zeigt uns auch seine Schleifmaschine, gebaut aus einem alten Mixer, mit deren Hilfe er kleine Kästchen baut – es wäre sonst zu langweilig! Was er uns nicht zeigt, ist, was er mit all den Besen neben seinem „Schreibtisch“ kehrt, vermutlich den Fledermausdreck!

Beim Bildnis vom letzten Abendmahl, nicht antik, zeigt, ohne mit der Wimper zu zucken angesichts der eindeutig weiblichen Figuren, auf die Figuren von Johannes und Philipp und liest uns deren Namen vor…

Einmal in der Woche, am Sonntag, so erzählt er uns stolz, wird hier immer noch Messe gehalten. Und zu Sao Joao müssen wir wieder kommen, da feiert das ganze Dorf!

Dorf

Dorf

Wir feiern jetzt auch unser Glück, hier zu sein, zusammen zu sein, an diesem wunderschönen Ort, mit dem Blick über den Fluss auf die sanften grünen und sonnenbeschienenen Hügel gegenüber. Der Sundowner, eisgekühltes Bier, ist einfach köstlich!

Eisgekühltes Bier

Eisgekühltes Bier

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