16. März 2016
von Steffi
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El condor pasa – Der Kondor fliegt vorbei

Irgendwie dachte ich immer, der Kondor lebt hoch oben in den Anden, also mindestens auf 4000m Höhe. Aber nein, er fliegt hier in der Nähe von Samaipata herum auf läppischen 2000m. Eines ist trotzdem richtig: Wer ihn sehen will, muss Mühen und Strapazen auf sich nehmen.

Um 6:30 holt uns Michael, unser Guide, vorm Hotel ab. Zwei Stunden fahren wir durch wunderschöne Täler, vorbei an Geisterdörfern, deren Bewohner längst in der Stadt ihr Glück suchten; wir überqueren Fuhrten und überholen Rinder. Eine Sau liegt mitten auf der Piste und säugt ihre Ferkel. Ich will sie fotografieren, doch sie verschwindet mit ihrem Nachwuchs im Dickicht. Tja, hier gibt es noch glückliche Kühe und Schweine, zumindest oberflächlich betrachtet. Sie sind frei, sich ihr Futter auf den Weiden zu suchen, gemeinsam mit ihren Jungtieren. Andrerseits ist das Gras in den Tropen von minderer Qualität, es fehlt ihm an Nährstoffen und Vitaminen, Parasiten machen ihnen zu schaffen. In den Tierarzt wird nur investiert, wenn das Tier sehr starke Schmerzen hat. Dann bekommt es Diclofenac.Condor-0905

Und das ist eine der größten Gefahren für Aas fressende Vögel wie den Kondor. Es reichert sich in den Geiervögeln an und führt zu Nierenversagen. Fast die gesamte Geierpopulation Indiens und Pakistans ist dem erlegen. Noch geht es den Tieren hier gut, auch den anderen Aasfressern, aber sie stehen unter Beobachtung. Wobei – viel weiß man nicht über sie, nicht mal in Wikipedia.

Aber noch fahren wir zum Ausgangspunkt der Beobachtungstour. Michael hat zwar auch einen deutschen Nachnahmen, aber eigentlich kommt er aus Argentinien. Dorthin wanderten seine Großeltern im ersten Weltkrieg aus. Grundkenntnisse in Deutsch lernte er von seiner österreichischen Mutter aus Völkamarkt, die sein Vater, ein Koch,  bei einem Aufenthalt in Deutschland kennen lernte. Mit neun Monaten überquerte er den Atlantik auf einem Schiff, von Lissabon, nach Afrika, Salvador nach Buenos Aires. Auf einer Reise kam Michael nach Bolivien, hier konnte er tun, was er wollte: Guides ausbilden, Nationalparks erkunden und selber Touren führen. Seine Kunden brachten ihm dann an Deutsch bei, was ihm noch fehlte.

Nach ein paar kritischen Stellen wie unterspülter Piste, gelangen wir an eine einsame Hütte im Wald, wo ein alter Mann und seine Tochter leben. Der älteste Sohn darf studieren, oder muss, ob er will oder nicht, ein Kind muss daheim bei den alten Eltern bleiben. Die dazwischen liegenden Kinder haben wohl die Chance ihre Vorstellung vom Leben zu verwirklichen…

Ausgangspunkt der Tour

Ausgangspunkt der Tour

Es – in unserem Falle, er – könnte zum Beispiel über die Berge wandern, ins nächste Tal und dort eine Braut finden. Die besucht er öfter und dabei beobachtet er die Kondore. Das erzählt er den Guides in Samaipata – und die machen daraus eine neue Tour!

So geschehen.

Das heißt allerdings auch, dass sie die Wege mit der Machete freischlagen und anlegen und die wenigen Bewohner dafür bezahlen, damit sie die Piste reparieren.

Wir parken das Auto und machen uns auf den beschwerlichen Aufstieg: Vor allem der Anfang ist steil und geht außerdem noch über rutschigen Schotter. Doch auch in weiterer Folge wird der Weg nur abschnittsweise besser. Es ist heiß, die Sonne brennt, ich bin froh um meinen neuen Strohhut…

Ich hab mir ja bei Copacabana schon einmal saftigen Sonnenbrand geholt, jetzt ziehe ich Verschleierung a la Tania Blixen vor.

Auf der Suche nach dem Kondor

Auf der Suche nach dem Kondor

Michael und Tomy gehen vor. Michael, eigentlich Biologe, zeigt uns Tarantel-tötende Wespen, die die Tarantel erst mal  nur einschläfern, ihre Larven fressen diese dann bei lebendigen Leib auf;  giftige Pflanzen, von denen sich die schönen Monarch-Falter ernähren, beide Männer vertreiben eine giftige Korallenschlange, die sich am Weg sonnt. Die Orchidee am Wegesrand entdecke ich, ebenso Verbenen, Kakteen und andere „Topfpflanzen“, aber davon ein anderes Mal.

Wir sahen eindeutig mehr Schmetterlinge als Vögel!

Wir sahen eindeutig mehr Schmetterlinge als Vögel!

Irgendwann sind wir oben. Die Kondore brüten weit entfernt gegenüber in einer schroffen Felswand. Ein Kondor legt ein Ei vorsichtig an einem Felsvorsprung ab. Ist die Schale zu weich bricht es, und genau das bewirkt Blei aus Schrotkugeln. Das gefährdet wiederum die Wieder-Auswilderung des kalifornischen Kondors.

Samaipata, Kondor Tour

Irgendwo dort hinten nistet der Kondor

Ist alles gut gegangen, liegt das Ei schutzlos an der kahlen Wand, auch das Jungtier verbringt dort ein ganzes Jahr bevor es richtig flügge ist und selbst nach Aas suchen kann. Jungtiere sind braun, erst ab dem fünften Jahr werden sie schwarz mit den charakteristischen weißen Flügelspitzen. Drei Meter beträgt ihre Flügelspannweite, bis über 12 Kilo werden sie schwer. Sie fliegen übrigens nicht wirklich, sie gleiten mit dem Wind.

Wir sitzen und warten. Millionen von blassblauen Schmetterlingen flattern und schweben über uns hinweg. Wie kleine Taschentücher tanzen sie im Wind. Sie begleiteten schon unseren Aufstieg. Jetzt fliegen sie weiter nach Süden, wer weiß wohin. Seltsam, dass selbst diese zarten kleinen Flatterwesen hunderte Kilometer weit ziehen!Condor-0930

Ein Schwarm grüner Papageien fliegt vorbei, zu schnell, um die Kamera hochzureißen,  ebenso ein oder zwei Hühnergeier, nur der Kondor lasst auf sich warten.

Da – endlich ein Jungtier!

Kondor

Kondor

Wir gehen weiter zur Trinkstelle der Kondore, dort wollen wir unser Picknick halten. Michael packt sein Riesenobjektiv aus, denn dort sollen die Tiere manchmal so nahe kommen, dass man die Luft zwischen ihren Flügelfedern rauschen hört.

Aber nicht heute. Der eine oder andere Kondor lässt sich zwar blicken, doch schweben sie alle viel zu hoch über uns!

Schad, aber es war trotzdem sehr schön! Die Tour lohnt sich auf jeden Fall, mit und ohne Kondor!

Hast du schon mal einen Kondor gesehen? Oder ein anderes seltenes Tier? Erzähle mir davon!

INFO

Touranbieter:

Michael Blendinger, Calle Bolivar, Biologe, weiß viel über Vögel und manches über Pflanzen; deutsch, englisch, spanisch

Kaleidoscope Travel, Calle Campero 217; deutsch, englisch, spanisch, niederländisch

TIPP: Die Wege sind anspruchsvoll! Es geht steil hinauf und hinunter, über Geröll, druch die Sonne und durch Matsch. Sonnenhut, alte Schuhe und Kleidung anziehen, am besten lange Hosen und Ärmel, wegen dem Gestrüpp und Matsch.

Alle Bolivien Tipps unter Downloads und Tipps

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Parque Cretacico, Sucre

13. März 2016
von Steffi
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Dinosaurierpark Parque Cretacico oder Zementfabrik?

Die größte Ansammlung von Dinosaurierspuren, noch dazu von mindestens sechs verschiedenen Arten samt lebensgroßen Dinosaurierfiguren, all das findet sich im Dinosaurierpark Parque Cretacico. Folglich müssen wir dahin.

Saurotours, der offene Bus des Parks, fährt pünktlich um 9:30 gegenüber der Kathedrale am Plaza 24 de Mayo ab. Und dann ganz langsam um den Platz herum, damit auch der letzte Nachzügler mitkommt. Und n o c h e i n m a l…

Saurotours

Saurotours

Endlich quält sich der alte Dino (Ich weiß, die waren eher ziemlich flott) schön langsam den Berg hinauf, erst mal vorbei an den Villen, dann durch die Straße der Autowerkstätten: Geschäfte mit Ersatzteile in Form von alten Kotflügeln und abgefahrenen Reifen reihen sich endlos aneinander. Repariert wird auf der Straße. Dazwischen liegt schon mal eine Suppenküche, oder eine Frau verkauft Pasteten oder Obst.

Straße der Autowerkstätten und Ersatzteile

Straße der Autowerkstätten und Ersatzteile

Die Straße weiter hinauf wird an den Lastwagen herumgeschraubt. Aber vielleicht vertreiben sich die Fahrer auch nur die Zeit und warten in Wirklichkeit darauf, mit Zement beladen zu werden. Endlos reihen sich LKW an LKW, es staubt. Schließlich sind wir am Zementwerk.

Und dort biegt der Saurotours busensis links durch das Tor auf das Werksgelände der Zementfabrik ein.

Parque Cretacico im Zementwerk

Parque Cretacico im Zementwerk

Die Frage in der Überschrift war falsch gestellt: Die Zementfabrik IST der Parque Cretacico. Zugegeben, das Parkgelände mit den Nachbildungen der Dinosaurier ist ein modernes, echtes Freiluftmuseum. Ich frage mich nur, woher sich die Wissenschaftler so sicher sind, wie die Viecher ausgesehen haben? Ja, ich weiß, Knochenfunde, Knochengröße und –dichte und so weiter und so fort. Aber vielleicht war der Dinosaurus Rex in Wirklichkeit knatsch-orange-lila gestreift wie ein Zebra? Oder er hatte giftgrüne Punkte auf rosarotem Fell? Noch besser: Pinke Reptilienhaut mit türkisfarbenen Fellbüscheln…

Ich meine, die Natur ist doch wirklich nicht zimperlich mit Farben!

In St. Peterburg, im Gebäude der Stallungen hinter der Blutskirche, sah ich einmal einen Schrank mit Löwenköpfen als Füßen. Oder genauer gesagt mit dem, was sich der Schreiner nach der Beschreibung des Auftraggebers unter einem Löwen vorgestellt hat. Denn selbst gesehen hat er nie einen Löwen. Glaubt mir – Löwen sehen anders aus! Ich werde das Foto raussuchen, wenn ich wieder in Deutschland bin. Nur damit ihr wisst, dass Dinosaurier vielleicht gar nicht so aussahen, wie wir glauben.

Mit der Vorstellung oder der Erwartung ist das überhaupt so eine Sache: In unseren Köpfen lief die über 300m lange Spur natürlich eben über eine Art Felsen. Aber nix da: Die Spuren führen eine senkrechte Wand aus Kalkstein hoch und laufen kreuz und quer darüber her!

Parque Cretacico, Dinosaurier Spuren

Dinosaurier Spuren, Parque Cretacico

Parque Cretacico

Kreuz und quer liefen sie – wer sieht die Spuren?

Und diese Wand liegt nun wirklich mitten im Kalkabbau des Zementwerkes!

Vor 65 Millionen Jahren war diese Wand mal eine horizontale Ebene und eher auf Meereshöhe. Durch Vulkanismus richtete sich die Ebene senkrecht auf und wurde auf knapp 3000m Höhe geschoben.

Und so fahren heute hoffentlich bald aussterbende Baufahrzeuge an den Fußspuren von seit Millionen Jahren ausgestorbenen Tieren vorbei.

Stirbt hoffentlich bald aus!

Stirbt hoffentlich bald aus!

Ich würde zu gerne wissen, wo unser Zementwerk in 65 Millionen Jahren ist. Und wie die dann lebenden intelligenten Wesen sich den Menschen vorstellen.

Vielleicht verpassen sie uns Antennen statt Ohren?

Was meinst du?

INFO

Die größte Ansammlung von Dinosaurierspuren weltweit, liegt etwas unspektakulär in einem Zementwerk. Die Busse Sauromobil fahren täglich um 9:30 und 12 Uhr an der Plaza gegenüber der San Françicso ab – sie sind nicht zu übersehen. Führungen zu den Spuren täglich um 12:00 und 13:00.

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Sucre, Blick von der Kirche Felipe Neri

12. März 2016
von Steffi
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Zuckerguß über Bolivien – Sucre

Die Hauptstadt Boliviens hat ihren Namen nicht von den Stuck verzierten weißen Kirchen, die wie Zuckerguss aussehen, sondern von einem venezolanischen Freiheitskämpfer. Und doch ist es so anders als die anderen Städte, so kolonial, weiß, wohlhabend, gebildet und wenig indigen, dass es eben wie Zuckertünche wirkt. Irgendwie unecht, schon allein deshalb weil die Regierungsgeschäfte alle in La Paz sind.

In Sucre stand eine der ersten Universitäten Südamerikas und bis heute ist es eine Universitätsstadt geblieben. College reiht sich an Universität, Universität an College, alles alte ehrwürdige und hübsche Gebäude. Viele sind an nicht weniger hübsche Kirchen angeschlossen.

Ampeln in Sucre

Ampeln in Sucre

Sucre, Bolivien

Sucre

Sucre, Universität

Universität in Sucre

Sucre ist eindeutig die schönste Stadt Boliviens.

Viele alten Frauen betteln, doch die jungen tragen moderne Kleidung und fahren Motorroller. Sie gehen zu den hiesigen Ursulinen – zum Beispiel dem College Maria Auxiliadora – in die Schule. Und dort sieht der Elternsprechtag genauso aus wie bei uns: Aufgeregte Mädchen umschwärmen ihre Mütter, die mit ernster Miene vor den Lehrerzimmern warten.

College Maria Auxiladora, Sucre

College Maria Auxiladora

Unser Ziel ist natürlich nicht die Schule, sondern das Dach der Kirche San Felipe Neri. Um dorthin zu gelangen, muss man durchs College. Der Blick von oben ist der schönste der Stadt:

Sucre - vom Dach der Kirche Felipe Neri

Sucre – vom Dach der Kirche Felipe Neri

Sucre - vom Dach der Kirche Felipe Neri Sucre-0828

Sucre - vom Dach der Kirche Felipe Neri

Zwei Museen besuchten wir in Sucre, das Arte Indigena und das Ethnologische, beide sehenswert, doch davon möchte ich in einem eigenen Post berichten. Man kann in der Umgebung klettern oder  wandern – dazu hatten wir wenig Lust, oder den Sonntagsmarkt in Tarabuco besuchen. Märkte haben wir auch genug gesehen und das Pujllay-Fest dort ist leider erst nächste Woche…

Dumm nur, dass am Sonntag in Sucre fast nichts geöffnet hat – kein Museum, kein Kaffeehaus, keine Imbissbude, kein Markt. Eine Kneipe fanden wir, also mussten wir nicht hungern… Wir konnten sogar live den HSC verlieren sehen.

War natürlich kein Ersatz für meinen täglichen Kakao mit Sachertorte im Para Ti, DEM Schokoladehersteller in der Zuckergussstadt Sucre!

Para Ti, Sucre

Sachertorte im Para Ti

INFO

Sucre ist Hauptstadt und schönste Stadt Boliviens mit vielen Kirchen und Universitäten

TIPP: Aussicht auf dem Dach der Kirche San Felipe Neri, Eingang durch das College Maria Auxiliadora, nur ab 15:00 nachmittags. Man kann bis in den Glockenturm.

TIPP: Museum Arte Indigena mit textiler Kunst, sehr informativ auch über das Leben der Indios; gute Broschüren in Deutsch, Englisch, Französisch und Holländisch; Calle Ituricha 314, www.asur.org.bo

TIPP: MUSEF: Ethnologisches Museum, tolle Masken; Calle Espana, www.musef.org.bo, gute Website

Parque Cretacico: Die größte Ansammlung von Dinosaurierspuren weltweit, etwas unspektakulär in einem Zementwerk gelegen. Die Busse Sauromobil fahren täglich um 9:30 und 12 Uhr an der Plaza gegenüber der San Francicso ab – sie sind nicht zu übersehen. Führungen zu den Spuren täglich um 12:00 und 13:00.

Ausflug nach Tarabuco: Jeden Sonntag Markt, der sehenswert sein soll; 3. Sonntag im März Pujllay Fest, Touren können in Sucre gebucht werden

Übernachten: Casa Verde, Calle Potosi 374, gutes Frühstück, überdachtes Pool

Essen und Trinken:
Para Ti – Kaffeehaus und Schokoladehersteller, Arenales 7 und Calle Grau (Calle Audiencia 68, die Straße hat zwei Namen) Nähe des Platzes, auch in anderen Städten erhältlich chocolatesparati.net
Tentaciones, Arenales 31: gute eher mexikanische Küche, sehr gute alkoholfreie Cocktails
Joy Ride Cafe, gegenüber der Kathedrale, Calle Nicolas Ortiz: Sonntags mittags großes Salatbuffet – es ist sowieso das einzige, das sonntags offen hat. Fußballübertragungen auch aus D, Erdinger Weißbier für den, der es braucht ;-)
Sonntags ist fast alles zu!

Supermarkt: Calle Juan Jose Perez (Nicolas Ortiz), an der Kathedrale und Kirche Felipe Neri vorbei, sonntags geöffnet

Busse nach Santa Cruz/Samaipata: Tickets rechtzeitig am Morgen oder Tag vorher bei einem Touranbieter im Zentrum kaufen. Dort sind sie zwar teurer als am Terminal, aber mit dem Taxi hin- und herfahren, kostet genusoviel. Erst kurz vorher kaufen klappt nicht: Die Busse sind unter Umständen mittags ausverkauft. Wer nach Samaipata will, sollte einen späten Bus (18:00) nehmen. Die Fahrzeit beträgt 10 Stunden, man ist also um vier Uhr morgens da. Keine Busse tagsüber nach Santa Cruz.

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10. März 2016
von Steffi
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Potosi überrascht

Wir nehmen den 9:30 Bus von Uyuni nach Potosi, voller Gottvertrauen. Wie auch in Brasilien fahren die Busse hier eher mit Jesus als mit einem anständigen Reifenprofil: Wir können wirklich nur beten, dass die Bremsen nicht allzu glatt abgefahren sind, denn es geht über die Berge.

Fahren mit Jesus und abgefahrenen Reifen

Fahren mit Jesus und abgefahrenen Reifen

Auch diesmal hält der Bus im Nirgendwo und lässt immer wieder Menschen ein- oder aussteigen. Ein älterer Herr in einem rosa Damenpullover setzt sich neben uns. Bald hält er ein winziges Büchlein in der Hand, offensichtlich Bibelverse. Er liest sehr langsam, aber er kann lesen, was ungewöhnlich ist, für einen Mann seines Alters. Als Tomy unseren Reiseführer wieder im Rucksack verstauen will, gibt er uns zu verstehen, dass er ihn ansehen will. Aufmerksam betrachtet er die Landkarte, sucht Bilder raus und liest die Überschriften. Immer wieder versucht er uns etwas zu erklären oder zu fragen. Gerne würde er das Buch behalten, und gerne würde ich es ihm geben – aber wir brauchen es leider noch!

Die Bremsen arbeiten gut, nach guten drei Stunden Fahrt durch landschaftlich reizvolles Gebiet kommen wir in Potosi an und nehmen ein Taxi zum Hostel. Und das ist die erste angenehme Überraschung: Es liegt in einer hübschen Straße, ist liebevoll dekoriert und unser Zimmer hat einen Balkon, einen Aufenthaltsraum und etliche Steckdosen. Gut, dafür fehlt das Klopapier…Potosi-0639

Wir machen uns auf, Potosi, diese alte Bergwerkstadt zu erkunden. Einst war sie größer als Paris oder Mailand, damals als das Silber aus den Minen Spaniens Kassen füllte. Selbstverständlich auf Kosten der indigenen Bevölkerung, die zu Millionen – angeblich acht – in den Stollen verreckten oder sich zu Tode arbeiteten. Die Maultiere überlebten selten länger als eine Woche…

Ich kann mir allerdings schlecht vorstellen, dass in dieser kargen Landschaft rund um Potosi so viele Menschen genug Nahrung finden konnten, nicht mal, wenn sie dafür drei Jahrhunderte Zeit hatten.

Silber gibt es heute keines mehr in dem Berg, nur mehr etwas Zinn, aber auch das geht zur Neige. Heute wird der Berg nach und nach klein gesprengt. Nachdem er innen zerlöchert wie Schweizer Käse ist, wird er wohl irgendwann bei einer Sprengung zusammenbrechen… Letzteres ist meine Weissagung.

Cerro Rico, Potosi, Bolivien

Der Berg, Cerro Rico, Reichtum und Unglück Potosis

Gut, wenn dann keine Touristen in den ehemaligen Stollen sind. Frau kann da nämlich eine Tour machen. Muss sie aber nicht… Mir hat die Goldmine damals in Ouro Preto gereicht und da waren die Stollen schön breit.

Indio-Frauen in Potosi

Indio-Frauen in Potosi

Die Stadt hat also weder eine schöne Geschichte noch eine angenehme Energie. Und genau deshalb überrascht das koloniale Zentrum: Hübsche, gut erhaltene Gebäude, eindrucksvolle Kirchenfassaden, ein hübscher Platz, eine moderne Tourist Information, nette Hostals. Die Menschen genießen ihren Hauptplatz, sitzen auf den Bänken, schlafen, flirten, spielen mit den Kindern. Die Röcke reichen den Indigenas hier nur bis kurz übers Knie, sie sind weit, eher in Erdtönen gehalten, auch tragen sie Hüte mit breiten Krempen. Die Frauen sind bis ins hohe Alter schön und die Kinder sind einfach hinreißend! (Fotos werden durch Anklicken groß)

Im gemütlichen Kaffeehaus am Platz trinken wir leckere heiße Schokolade und genießen einem köstlichen Schokoladekuchen. Das Abendessen ist der krönende Abschluss: Das Beste, das wir bisher in Bolivien gegessen haben, von der Qualität, dem Ambiente und dem Service her europäischer Standard. Toll!

Hier gibt es die beste heiße Schokolade, cremig geschmolzen, Boliviens!

Hier gibt es die beste heiße Schokolade, cremig geschmolzen, Boliviens!

INFO

Gutes Kaffeehaus am Platz 6 de Agosto mit sagenhafter heißer Schokolade – also echte geschmolzene! Ich weiß leider nicht mehr, wie es heißt, ist aber das einzige dort. Riesig ist der Platz ja nicht

Bestes Restaurant, das wir in Bolivien fanden: Phisqa Warmis, Calle Sucre 55

Hostel: Casa Blanca, Calle Tarija 35

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Salar de Uyuni - Kakteem auf der Isla Incahuasi

9. März 2016
von Steffi
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Salar de Uyuni Tour Tag 4: Salziger Schnee – und fast kein Lama

Es ist weiß wie Schnee.

Es knirscht unter den Füßen wie Schnee.

Es schmeckt nach Salz. Und es ist warm, das was da unter meinen Füßen liegt und sich endlos vor meinem Auge erstreckt…

Salar de Uyuni

Salar de Uyuni im Morgengrauen

Irgendwie ist das komisch, denn für mich ist dieser Salzsee Schnee – mein Kopf kriegt das einfach nicht anders hin! Ein endloses, weites Schneefeld, mit Bergen darin, die sich wie Inseln erheben. Auch wenn es aus unterschiedlichen Schichten Speisesalz, Wasser und Lithium besteht, hunderte Meter tief. Es soll das größte Lithiumvorkommen der Welt sein. Darin besteht die größte Gefahr für den Salar und die größte Chance für Bolivien. Denn Lithium ist sozusagen der Tampon des Mannes: Man kann damit alles machen: Je nach Verbindung dient es als Schmiermittelzusatz, Raketentreibstoff, zur Bleistiftherstellung, zum Aufblasen von Rettungswesten und zur Therapie von Depressionen und Manien, um nur ein paar Verwendungsmöglichkeiten zu nennen. Ganz zu schweigen von Lithiumbatterien, die jeder Elektronikfreak kennt.

Die Berge sind tatsächlich Inseln, schließlich war das mal ein riesiger See. Die berühmteste davon ist die Isla Incahuasi mit ihren jahrhundertealten Kakteen, die auf versteinerten Korallen wachsen. Doch noch haben wir Regenzeit und Felix hatte uns schon gestern Abend erklärt, dass der Weg dorthin zu gefährlich ist, wenn der Salar nass ist. Ich Pflanzennarr bin etwas enttäuscht, aber was ist, das ist. Wir fahren jedenfalls um halb sechs Uhr morgens los, um den Sonnenaufgang im Salar zu erleben. Nach etwa dreißig Minuten Fahrt hält Felix an, noch ist es dunkel. Er steigt aus, berät sich mit den anderen Fahrern.

Schwungvoll schmeißt er sich wieder auf den Fahrersitz: „Auf zur Insel! Es ist trocken genug!“

Doch erst bewundern wir noch den Sonnenaufgang.

Und während die Sonne langsam höher steigt, wandern wir über die Isla Incahuasi, zwischen riesigen alten Kakteen, die wie Finger einer ertrinkenden Hand in den Himmel wachsen. Der Blick auf den weißen Salar und die silbrigen Berge in der Ferne ist zauberhaft!

Salar de Uyuni - Kakteen auf der Isla Incahuasi

Salar de Uyuni – Kakteen auf der Isla Incahuasi

Es ist so unglaublich schön!

Salar de Uyuni - Kakteen auf der Isla Incahuasi: Hier kann man das Ufer erkennen

Salar de Uyuni – Kakteen auf der Isla Incahuasi: Hier kann man das Ufer erkennen

Salar de Uyuni - Kakteen auf der Isla Incahuasi

Salar de Uyuni

Am Fuße der Insel, quasi mitten im See, frühstücken wir, dann brechen wir auf, um die berühmten Salar-Fotos zu machen. Es gibt tausende davon im Internet! Hier nur eines, obwohl wir sehr viel Spaß haben, uns immer wieder andere Szenen auszudenken.

Salar de Uyuni

Tomy in meiner Hand

Irgendwann ist Schluss, es geht weiter nach Colchani, wo in der Trockenzeit Salz gewonnen wird, und das ganze Jahr Souvenirs an die Touristen verkauft werden. Danach fahren wir noch zum Friedhof der Züge, wo einst stolze Dampfrösser vor sich hin rosten…

Salar de Uyuni - Friedhof der Züge

Schaukeln am Friedhof der Züge

Am Busterminal von Uyuni verabschieden wir uns von Felix und Lidia und umarmen Ben und Toni. Wir bleiben eine Nacht hier und fahren morgen nach Potosi weiter. Ben und Toni nehmen den Nachtbus nach Sucre, dort sehen wir uns hoffentlich nochmal wieder, bevor die Beiden nach Westen und wir nach Osten weiterreisen. Nach einer Pizza – Uyuni existiert für vornehmlich Twenager-Touristen und die leben offensichtlich von Pizza – fallen wir müde und glücklich ins Bett.

Wir haben so viele unvergessliche Eindrücke in den vergangenen vier Tagen gesammelt!

Und das Lama? Das hab ich diesmal zum Nachtisch gegessen, in einer Garküche in Colchani. Sehr lecker! Nur die Beilage, der gekochte weiße Mais, schmeckt fad.

Das obligatorische Lama - diesmal gebraten

Das obligatorische Lama – diesmal gebratenß

Und du? Welche unvergesslichen Eindrücke hast du in letzter Zeit gesammelt?

INFO

SALAR DE UYUNI
Beste Reisezeit: Vermutlich September bis Oktober, nach dem eisigen Winter und vor der Regenzeit, wenn die Flamingos wieder da sind.
Uns wurde mehrfach gesagt, dass die Touren von Tupiza besser und schöner seien, als die von Uyuni aus. Es gibt Touren von einen bis zu fünf Tagen Länge, die längeren schließen auch Vulkanbesteigungen ein. Drei Tage ist ein guter Kompromiss. Wer nur den Salar besucht, versäumt das Beeindruckenste. Die Quartiere sind sehr einfach, es soll allerdings auch bessere geben, das ist eine Preisfrage (nur von Uyuni aus). Wer mag, kann auch auf einem Motorbike die Tour machen. Je nach Geldbeutel ist einiges möglich!
TIPP: Vor allem im Winter (Mai bis Oktober) kann es nachts extrem kalt werden, dann reichen die Decken in der Unterkünften eventuell nicht und ihr braucht einen Schlafsack.
Touranbieter in Tupiza: Torretours
In Uyuni hat uns Tomys Neffe Red Planet empfohlen
Übernachten und Essen: Sowohl Uyuni als auch Tupiza sind reine Uyuni-Tour Orte, ausgerichtet auf junges Backpackerpublikum: Einfache Unterkünfte und Pizza!
TIPP: Überlegt auch vorher, welche Fotos ihr machen wollt! Bei den Touranbietern und im Internet gibt es ja viele Anregungen., z.B. hier und hier. Und zieht alte Klamotten an, ihr liegt dabei im feuchten Salz! Auf den Schatten achten, wenn der stimmt, wirken die Fotos noch „echter“. Generell ist eine Kamera mit altmodischen Sucher besser, auf den Displays lässt sich die genaue Position der Personen kaum feststellen.

Uyuni-Potosi-Sucre
Es gibt keine direkte Busverbindung zwischen Uyuni und Sucre, man muss in Potosi umsteigen – entweder in ein Taxi oder zum anderen Busterminal in einen Bus. Es gibt genug Taxis, die von der Endhaltestelle Uyuni-Potosi in Potosi nach Sucre fahren, auch nachts. Am besten mit anderen Reisenden zusammentun, dann wird es preiswerter, kostet aber auch alleine nicht viel. Oder eine oder zwei Nächte in Potosi einlegen.

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