21. April 2016
von Steffi
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Wir haben es getan

Wir haben Salvador verlassen. Unter Tränen unsere Freunde zurückgelassen. Und eine Stadt, einen Ort, der sich wie „Zuhause“ anfühlt.

Aber das meine ich nicht.

Den Abschied feierten wir mit unseren Freunden in der besten Churrascaria der Stadt. Es war so lecker! Aber war vielleicht auch ein Fehler – und auch nicht, was ich meine

Wir verließen Salvador mittags bei einsetzender Ebbe. Der Wetterbericht versprach relativ schwachen Wind, um die 15 bis 18 Knoten, erst mal aus eher östlicher Richtung, dabei mit der Abnahme der Breitengrade immer mehr auf Süd drehend. Soweit die Idee…

Auf Wiedersehen!

Auf Wiedersehen!

Die ersten Stunden fuhren wir also mit Motor und Großsegel hart am Wind hinaus aus der Bucht, um nach der Baixa Santo Antonio nach Nordosten abzudrehen. Weiter ging es relativ hart am Wind, diesmal ohne Motor. Die Wellen waren okay, Wind auch. Wir ließen uns die Kibe, arabische faschierte Laberln oder Frikadellen, die Dalva extra für uns zum Abschied gemacht hatte, gut schmecken, ebenso die Semmel und den Tomatensalat.

Ich mache es kurz: Wir behielten alles in uns, allerdings war es auch praktisch das letzte, das wir in vier Tagen gegessen haben.

Denn die Tabletten gegen Seekrankheit, die ich in Salvador gekauft hatte, halfen nicht. Uns den Bauch am Abend vorher nochmals vollzuschlagen, war wohl auch nicht klug.

Da lache ich wieder - und noch

Da lache ich wieder – und noch

Als die Nacht anbrach, waren wir gerade mal vor Itapuan – das sagt dir wahrscheinlich nichts, unseren Töchtern aber schon. Jedenfalls ist es gerade mal um die Ecke… Zumindest mit dem Auto, siehe Beitragsfoto.

Der Wind pendelte sich so um die 18 Knoten ein, aber die Wellen waren – Scheiße. Yemanja hüpfte wie ein bockiges junges Pferd, das gerade zugeritten wird und alles tut, um seinen Reiter abzuwerfen. Irgendwie kam ich da auf blöde Ideen.

Und da die Welt so ist, wie in meinem Kopf, und außerdem alles wächst, dem wir Aufmerksamkeit schenken, wollte ich die nicht auch noch nähren…

Sabine Olscher von Ferngeweht, hatte kurz vor unsere Abreise zu einer Blogparade “Stadt-Land-Fluss” aufgerufen, und das rettete mir quasi das Leben. Es half ungemein, die nächsten drei Tage und Nächte zu überstehen, denn besser wurden die Bedingungen nicht…

Also spielte ich „Stadt, Land, Gewässer, Gebirge, Sehenswerter Ort“ in meinem Kopf, einfach das Alphabet durch. A wie Amsterdam, Amstetten, Athen, Addis Abeba – Algerien, Afghanistan, Argentinien, Andorra, Angola, Albanien (also ihr merkt schon, alles das mir einfiel in meinen Dämmerzustand mitten bei der Nachtwache) – Attersee, Ahr – der naheliegende Annapurna fiel mir wesentlich schneller ein, als der exotische Anninger, der Berg vor der Haustür meiner Kindheit – Allgäu, Anatolien, Andalusien…

Schwierig war auch zu entscheiden, ob der Mount Everest unter M oder E kommt, ebenso Lago Maggiore? L oder M? Ist Kärnten ein Land oder gelten Bundesländer nicht? Schwerwiegende Fragen! Umlaute legte ich unter die „Joker“ X bzw. Q… Bei Z angekommen, begann ich von neuem. Bei Sehenswürdigkeit galt Disneyland genauso wie Donaudelta, also alles worüber man bloggen könnte. Dazwischen döste ich. Oder überlegte schon mal, was ich über die Newa für die Blogparade schreiben werde.

Jedenfalls gingen die ersten zwei Nächte vorbei, mit drei Scheiben Zwieback und einer kleinen Handvoll Nüsse. Dann bekam ich unbändigen Appetit auf Palmherzen…

Sie taten mir sehr gut, allerdings kam das flaue Gefühl im Magen immer wieder.

Wenigstens konnte ich schlafen, Tomy eher nicht. Das heißt ich hielt meisten Wache. R – ein Fluss mit R??? Gibt es denn keinen Fluss mit R?

Irgendwann kam ich auf Rhein

Am dritten Abend kam eine Inspiration über uns: “Wir reffen!” Das wäre auch besser fürs Material, meinte Tomy.

Ha!

20 Minuten später waren aus den angesagten 20 Knoten, 28 Knoten Wind geworden. 34. 38. Landratten können sich vielleicht besser etwas unter 8 Beaufort Windstärke vorstellen. Dazwischen ging der Wind runter auf 22 Knoten. Immer noch gegen an.

Ich sandte Dankesgebete für unsere Eingebung zum Himmel.

Dann ein Knall, als ob jemand ein Holzbrett aufs Deck geworfen hätte. Erschrocken blickte ich auf Sissi, unsere Windpilotin – die übrigens hervorragende Arbeit leistete. Doch sie hielt uns weiterhin auf Kurs, ritt brav die Wellen ab. Mit einer Taschenlampe suchte ich die Ursache, fand aber nichts.

Weitere zwei Stunden später blickte ich aufs Segel: Es war ganz, aber die Halterung des Refftaues, ein Plastikteil, war weggerissen. Samt Schraube. Wie war das gleich nochmal mit dem Denken?

U wie Ulaanbaator; Uruguay, Ungarn, Ukraine; Uturuncu – nein erst ein Gewässer, der Uturuncu ist ein Vulkan…

Wenn mir in Jacare jemand 100000 Euro für mein Schiff bietet, kann er es haben. Samt Inhalt. Na gut, ohne Laptop, Kamera, meinem Lieblingskleid und Gustav.

W ist leicht: Wien (Stadt); Wien (Bundesland); Wien (Fluss); Wiener Berg; Wiener Wald… Damit kann ich natürlich keine Punkte machen, wenn ich mit Österreichern spiele.

Tomy, mein geliebter Piefke, mochte nicht mitspielen.

Er band das Reff provisorisch fest und wir konnten gut weitersegeln. Es wäre natürlich fürs Segel am besten gewesen, in das zweite Reff zu binden, aber in der Nacht, bei dem Seegang, den überkommenden Wellen, wollte ich Tomy nicht am Vorschiff haben. Außerdem war es unwahrscheinlich, dass der Wind noch mehr werden würde, schließlich gibt es im nördlichen Südatlantik keine Stürme. Und daran hat sich der Atlantik auch zu halten!

Wir holten das weitere Reffen am nächsten Tag nach, als Wind und See sich etwas beruhigt hatten. Von da an war das Segeln auch angenehmer. Die letzte Nacht machte sogar wieder Spaß! Yemanja tanzte und surfte wieder fest und sicher geführt vom Windpiloten über die Wellen, wie ein fröhlicher kleiner Korken, bis zu 13,5 Knoten schnell. Das allerdings nur für ein paar zehntel Sekunden.

Kurz vor dem Einbiegen Richtung Einfahrt in den Rio Paraiba kamen uns noch zwei Containerschiffe in die Quere. Eines ließen wir passieren, das andere kam näher, als mein Sicherheitsgefühl es mag – genau zu dem Zeitpunkt setzte der Regen ein. Wir konnten kaum das Vorschiff sehen, geschweige denn, die Medea! Doch über Funk wurde die Situation schnell geklärt.

Nach 98 Stunden, mit insgesamt 6 Kibe, einer Tomate, einem Brötchen, zwei Gläsern eingelegten Palmherzen, vier Handvoll gemischten Nüssen, 12 Scheiben Zwieback und drei Dosen Cola im Magen und einem ausgiebigen Schlafmangel lagen wir sicher an der Boje in der Marina Jacare Village  im Rio Paraiba zwischen Cabedelo und Joao Pessoa.

Gaaaaanz wichtig: WIFI

Gaaaaanz wichtig: WIFI

Und was wir jetzt Ungeheures getan haben?

Wir liefen an einem Freitag aus! Und das tut ein abergläubischer Segler nicht…

Bist du auch schon mal an einem Freitag zu einem längeren Törn aufgebrochen? Spielen Kinder heute noch Stadt-Land-Fluss?

Ach ja: Yemanja steht ntürlich nicht zum Verkauf!

INFO

Törn: Salvador da Bahia bis Jacare/Cabedelo
Ablegen 11:30 Ortszeit bei einsetzender Ebbe
Fahrtzeit: 98 Stunden
Wind: Von 10 bis 38 Knoten in Boen
Windrichtung Ost, Südost auf Süd drehend
Meilen: 520
Größtes Etmal: 139 Seemeilen

20. April 2016
von Steffi
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Abschied von allen Heiligen in der Bucht

Da dachten wir, wir könnten uns einfach so auf die Schnelle davonmachen, ab in den Norden, weg von der Magie Bahias, doch die Heiligen in der Bucht Todos os Santos wollten uns nicht ziehen lassen, ohne uns ihren Segen mit auf den Weg zu geben…

Bis Ende Juni wollten wir in Surinam sein, mit Bangen, ob wir dann auch all das Verlockende unterwegs sehen könnten. Manches andere verursachte uns bei dem Plan noch Kopfschmerzen das Naheliegende musste uns erst der Zufall einflüstern: „Bleibt, fahrt noch einmal mit der Chulugi durch die Bucht, verabschiedet euch anständig von allen. Und segelt dann eben nur bis Jacare hinter Recife. Im Herbst habt ihr dann genug Zeit für die Guyanas…“

Also änderten wir spontan unseren Plan!

Gemeinsam mit Joanna von der Chulugi und Jochen, den wir schon in Monnickendam kennen gelernt hatten, suchen wir die Baumkirche oder den Kirchenbaum auf Itaparica, finden anfangs aber nur das charmante Fischerdorf Baiacu auf der Innenseite der Insel: Packesel ziehen an uns vorbei, streunende Pferde suchen am Ufer nach Gras und nach Liebe (oder auch nur Trieben), Fischer flicken ihre Netze und die Winkelkrabben suchen vor uns Schutz unter den Hütten der Fischer. Eine Bierbude oder Barraca gibt es auch: Der Tag ist schon mal gerettet.

Bei der Rückfahrt zur Hauptstraße finden wir den Abzweig zur von Bäumen überwucherten Kirchenruine. Und kommen aus dem Staunen nicht mehr heraus: Wie Angkor Wat ist sie von dicken Wurzeln und Lianen überwuchert, sie halten die letzten Mauerreste zusammen.

Baumkirche oder Kirchenbaum?

Baumkirche oder Kirchenbaum?

Kirchenruine auf Itaparica

Verwunschene Kirche

Itaparica-0159

Und doch wird sie noch sakral genutzt: Maria, Antonius, Cosmas und Damian, Georg, der Drachentöter und ein koketter Heiliger, der uns unbedingt seine am Oberschenkel tätowierte Rose zeigen will stehen in jeder Nische, umgeben von Kerzenwachs. Was genau hier verehrt wird, kann ich nicht sagen: Ogum oder der Heilige Georg, Ibeji oder Cosmas und Damian, Yemanja, Oxum oder Maria? Candomble oder Heiligenkult? Sie wünschen uns alle eine gute Reise…

Am nächsten Tag segeln wir mit schönstem Wind nur mit der Genua mit 7 Knoten in den Rio Paraguacu und hinauf nach Maragogipe. Dort nehmen Joanna und ich den Bus nach Sao Felix/Cachoeira: Nicht nur, dass ich ganz sicher bin, dass die Kunsthistorikerin diese Doppelstadt mögen wird, nein, sie möchte auch unbedingt die Christusstatuen in der Sakristei der Karmeliterkirche sehen. Denn sie sind etwas Besonderes.

Doch erst besuchen wir das Wohnhaus von Hansen Bahia, jenem Künstler aus Hamburg, der in Sao Felix seine Wirkungsstätte fand. Am Eingang zu seinem Haus begrüßt uns die Heilige Barbara, oder Iansa, die Kraft des Windes – Möge sie uns gewogen sein! In der Zigarrenfabrik Dannemann „pflanze“ ich ein paar Bäume im Mata Atlantica (atlantischer Regenwald) im Namen meiner beiden kleinen Engelchen. Dann gehen wir über die Brücke nach Cachoeira und ins Carmo: Die Christusfiguren, die vor Ostern in der Semana Santa in mehreren Prozessionen durch den Ort getragen werden wurden in Macao hergestellt: Der feingliedrige Jesus hat Schlitzaugen!

Chrstusstatuen in der Sakristei des Karmeliterklosters

Chrstusstatuen in der Sakristei des Karmeliterklosters

Wer im August nach Cachoeria kommt, darf die Feierlichkeiten und Prozessionen der Irmanidade de Boa Morte nicht versäumen: Die Schwesternschaft der Frau des Guten Todes ist die erste weibliche schwarze Widerstands oder auch Hilfsgemeinschaft Lateinamerikas. Sklavinnen, die für ihre guten Dienste mit Silberschmuck oder wertvollen Stoffen beschenkt wurden, kauften andere arme Sklavinnen frei, die in der Irmanidade einen guten Lebensabend verbringen konnten. Heute leben noch 25 Schwestern in Cachoeira, davon drei Novizinnen. Und natürlich sind ihre Zeremonien nicht rein katholisch…

Ein hübsches Rindvieh!

Ein hübsches Rindvieh!

Mit dem Segen von Hansen Bahias Jesus, Iansas, einer heiligen Kuh, des chinesischen Jesus und der Jungfrau des guten Endes suchen Joanna und ich die Bushaltestelle, nehmen dann aber doch ein Taxi zurück nach Maragogipe. Dort hatte Tomy eine Begegnung mit einem ganz anderen Gott:

Eine wunderschöne junge Boa c. constrictor, auf Deutsch Abgottschlange, hatte sich unter einem Fender versteckt! Wir vermuten, dass sie mit einem Stück Treibholz den Fluss herunter kam und auf unserem Schiff Schutz suchte. Tomy wusste zu dem Zeitpunkt nicht, was für eine Schlange das ist und ging davon aus, sie könne schwimmen, also warf er sie wieder ins Wasser – er versichert mir, dass sie schwimmend die Mangroven am Ufer erreichte.

Boa constrictor

Boa constrictor

Wir fahren weiter, diesmal durch nicht kartographierte Gewässer hinauf nach Sao Tiago de Iguape. Völlig ruhig liegen wir im Fluss vor diesem verschlafenen Fischerdorf. Wir warten auf die Flut, dann landen wir an, suchen uns ein schattiges Plätzchen neben einem Kreuz um zu grillen. Der Absperrhahn des Gasgrills klemmt, erst mit Hilfe der freundlichen Fischer und deren Werkzeug gelingt es Marcel und Tomy das Teil in Gang zu setzen. Bald geht die Sonne unter, die Jugendlichen des Dorfes toben im Wasser, Sao Tiago und Maria winken uns zum Abschied – schade, hier würde ich es noch eine Weile aushalten.

Vor Sao Francisco, dort waren wir schon mal, liegen wir in der Strömung des Flusses, lange nicht so ruhig, dafür sehr malerisch. Wieder müssen wir auf die Flut warten, um an Land zu können. Die Klosterruine schließt gerade als wir ankommen, doch der lokale Guide lässt sich überreden und öffnet nochmals für uns. Übrigens grüßen uns auch hier Ibeji und der kokette Heilige. Das Sundowner Bier trinken wir an der Bar im roten Container, mit Essen rechne ich nicht. Doch siehe da, ein paar Häuser weiter kocht und verkauft eine Dame ein köstliches Gericht aus Siri, einer Krebsart. Der heilige Franziskus meint es eindeutig gut mit uns.

Sao Francisco de Paraguacu

Sao Francisco

Die Palmen vor der kleinen Kapelle gegenüber der Insel im Fluss winken uns zum Abschied – den Guten Jesus von Bom Jesus und die neuen Graffitis in Madre de Dios (Muttergottes) lassen wir aus. Bonfim auch. Und … Ach es gibt zu viele Heilige hier!

Nur den Segen von Iemanja brauch ich noch – oder ich nehme sie mit?

Eine Iemanja, gemacht von meiner Freunidn Monika und unter Mühen zu mir gesandt

Eine Iemanja, gemacht von meiner Freunidn Monika und unter Mühen zu mir gesandt

Yemanja, Grafitti im Hafen von Salvador, Bahia

Ein neues Grafitti am Hafen: eine wunderschöne Yemanja!

Hier erzählen Joanna und Marcel von unserem Ausflug.

INFO

Baumkirche und Baiacu: Am besten in Itaparica zu mehreren ein Taxi für den ganzen Tag mieten; von der Hauptstraße über Itaparica geht ein Wegweiser nach Baiacu (Buchtseite) ab, auf der linken Seite kommt ein Teich, hinter der nächsten Kurve geht es links hinauf zur Kirche. Von Baiacu kommend sieht man sie. Abschließend könnte man an der Seeseite in Barra do Gil mit Blick auf Salvador in einer Strandbar einkehren (bis ca. 16:00)

Sao Felix/Cachoeira: Busse aus Maragogipe gehen um 8:30 nach Sao Felix, Fahrtzeit etwa eineinhalb Stunden, Fahrpreis 4,50 Reais. Für das Taxi zurück haben wir 10 Reais pro Person gezahlt.

Sehenswert in Sao Felix: Hansen Bahias Wohnhaus (Eintritt frei), Zigarrenfabrik Dannemann (Eintritt frei, von 12 bis 14:00 zu, auch montags geschlossen), Brücke über den Paraguacu und der Blick auf Cachoeira.

Sehenswert in Cachoeira: Irmanidade da Boa Morte, Eintritt 5 Reals, mittags geschlossen; Christusfiguren in der Sakristei des Carmo, Eingang links neben der Kirche, mittags geschlossen, Eintritt 5 Reals. Darüber hinaus ist Cachoeira einfach ein hübscher Ort.

Sao Tiago de Iguape: Geht durch nicht kartographierte Gewässer, am rechten (flussaufwärts) Uferrand halten, bei einlaufenden Wasser fahren. Kleine Geschäfte für den täglichen Bedarf, morgens fährt ein Gemüsewagen durch den Ort. Bar, kein Restaurant

Sao Francisco: Das Kloster sollte von 7:00 bis 16:00 geöffnet sein, bzw wenn seitlich die Gittertür offen ist. Wenn dann die Tür geradeaus zu ist, ist eine „Führung“ im Gange, und man muss warten. Kleine Geschäfte für den täglichen Bedarf, Bar, kein Restaurant. An der Bar im roten Container ganz rechts unter dem Baum lohnt es sich, nach Essen (Comida) zu fragen.

 

13. April 2016
von Steffi
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Test

Demnhst geht es Richtung Norden, also muss ich mit wieder mit dem Senden von Emails per Funk befassen. Wie ging das gleich nochmal???

ICBA

10. April 2016
von Steffi
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D’ Artagnan, ein Flughafen und eine Ölquelle – Geschichte, gesammelt in Ribeira, Salvador

Na gut, hat nichts mit Segeln zu tun. Und nur am Rande etwas mit Reisen. Gleichzeitig sind es diese Geschichten, die ich unterwegs leidenschaftlich aufspüre und liebend gerne erzähle.

Warum? Weil sie pures Leben sind: Schön, voller Verzweiflung und Hoffnung und nie endend!

Leben, das herrscht auch in der kleinen Gasse hinter der dritten Marina in Salvador, der Saveiro. Wir trinken abends dort bei Maria gerne ein, zwei eiskalte Bier und erfreuen uns an den „kleinen Leuten“. Ich mag sie, aber das ist eine andere Geschichte!

Ele D’Artagnan

Vor ein paar Tagen setzte sich dort ein etwa gleichaltriger, bärtiger Herr neben uns und begann ein Gespräch: Pietro Gallina wäre sein Name.

Pietro wurde im Rom geboren, unterm Forum Romanum, sagt er. Ele D’Artangan war sein Ziehvater und sein Mentor. Und der hat nichts mit den Musketieren zu tun.

Ele D‘Artagnan wurde 1911 in Venedig geboren, von einer Frau, die nicht erkannt werden wollte. So bekam er den Namen Michele Stinelli verpasst, den er sein Leben lang verabscheute. Lange suchte er nach seiner Familie, fand schließlich seine Mutter, eine Lombardi, die bei seiner Geburt Harfinistin an der Scala in Mailand war. Doch die reichen Lombardis wollten nie etwas von ihm wissen. Bis zu seinem Tod jagte er einer Anerkennung, seinem Vater und genug Geld hinterher, was ihn einerseits an den Rande des Abgrunds brachte, andrerseits die Inspiration für seine Bilder war. Er war Musiker, spielte in Filmen von Fellini mit, stand an der Seite von Marcelo Mastroianni vor der Kamera.
In den Fünfzigerjahren nahm er ein Zimmer bei einer geldarmen und kindereichen Witwe, Pietro Gallinas Mutter. Der kleine Pietro begleitete von da an D’Artagnan. In der Folge lebte D’Artagnan auf der Straße, malte sich seinen Wahn von Anerkennung von der Seele, wobei das männliche Geschlechtsorgan eine bunte Rolle spielt, wurde bekannter, fand immer wieder zu den Gallinas zurück, die ihm jedoch auch nicht helfen konnten. Ein paar seiner Werke (Fotos) hängen heute unter dem Künstlernamen D’Artagnan und seinem Herkunftsnamen Michele Lombardi-Toscanini (wobei unklar ist, ob Toscanini, dem er ähnlich sah, sein Vater war) im MOMA in New York. Jene Werke, die Pietro vor dem Verfall auf der Straße rettete, finanzieren heute das Instituto de Cultural Brasil Italia Europa. (Links siehe unten)

Pietro Gallina

Pietro Gallina verschlug es vor 12 Jahren nach Ribeira, wer weiß schon warum! Vielleicht der Liebe wegen, vielleicht, weil sein Geld hier weiter reichte als in Italien, vielleicht, weil sein Ziehvater seine Bilder nicht in Italien haben wollte, und gründete das ICBIE. Pietro Gallinas Augen leuchten, als er uns durch das Kulturzentrum führt. Er hat viel erreicht: Das Gebäude ist in einem guten Zustand, es gibt hier eine der ersten Graffiti-Schulen Salvadors, Mosaik- und Malkurse (auch der Wirt unserer Stammkneipe hat eine Studio unterm Dach), Tanz-, Capoeira- und Theaterunterricht, man kann Deutsch, Englisch und Italienisch lernen. Oder sich ein Buch ausleihen, treffen, quatschen, Musik hören, Lesungen besuchen. Im Garten wachsen Mangos, Kokosnüsse und Basilikum, auch eine kleine, einfache Pousada und ein Museum gehören dazu.

ICBIE

Die Wände im Hof des ICBIE ändern sich ständig

Pietro hat große Pläne: Das Museum will er erweitern, Bücher binden, den Wiener Flügel stimmen lassen. Wie er alles finanziert? Seine Möbel holt er vom Sperrmüll, die Kurse erhalten sich selbst, die Pousada hilft ein wenig, für alles andere muss er immer wieder Werke seines Mentor verkaufen. “Sou pobre, ich bin arm”, sagt er, dabei strahlt sein Gesicht heitere Ruhe aus.

Ribira ICBIE-0423

Der Mann hat gefunden, was sein Ziehvater suchte.

Hidroporto dos Tainheiros

Von Pietro erfahren wir, was die Marina Pier Salvador ursprünglich war: Der erste Flughafen der Stadt!

Aus der Luft ist das Flughafen Layout gut zu erkennen. Screenshot Google

Aus der Luft ist das Flughafen Layout gut zu erkennen. Screenshot Google

1922 landeten dort Cago Coutinho und Sacadura Cabral bei der ersten Überquerung des Südatlantiks von Lissabon über die Kanaren, Kap Verden, Fernando de Noronha, Recife, Salvador, Porto Seguro und Vitoria nach Rio. Damals war der Pier noch aus Holz. In den Jahren 1937 bis 1939 entstand an dieser Stelle ein luxuriöser, internationaler Flughafen für Wasserflugzeuge, mit Wartesaal, Restaurant, Gepäckaufbewahrung und Schaltern. Nachts beleuchteten Fackeln auf Kanus, die Straße des Feuers genannt, die Landebahn. Sirenen warnten die Badenden, Fischer und Ruderer beim Anflug einer Maschine vom Typ Catalina. Am Flughafen Hidroporto dos Tainheiros landeten internationale Stars, wie Errol Flynn, aber auch der Präsident Brasiliens, Getúlio Vargas.

Pier Salvador - Hidroporto dos Tanheiros - einst ein modernes, luxuriöser Flughafen

Pier Salvador – Hidroporto dos Tainheiros – einst ein modernes, luxuriöser Flughafen

Pier Salvador - Hidroporto dos Tanheiros

heute heruntergekommen

Lobato – Öl

Und das hatte wiederum mit dem Öl zu tun. Denn gegenüber, in Lobato, sprudelte die erste Ölquelle Brasiliens. Wobei, so einfach ist es nicht: Bitumen wurde schon ab der Mitte des 19. Jahrhunderts in Maraú abgebaut, später auch anderswo. Erdölvorkommen wurden auch schon früher sondiert, es gab schon einige Firmen, die sich im weitesten Sinne mit Ölförderung befassten. Doch in Lobato wurde offensichtlich das erste Mal ein Ölfeld angebohrt. Die Quelle war zwar unwirtschaftlich, aber dennoch der Anfang der Ölindustrie in Brasilien. Übrigens: Die größte Raffinerie Brasiliens ist die in der Bahia dos Todos os Santos, bei São Franciso do Conde, bis die in Maranhão in Betrieb geht.

Die Gegend wurde nach dem Kinderbuchautor Monteiro Lobato genannt, der auch eine der ersten Ölfirmen gründete, mit dem Slogan „Das Öl gehört uns“ ebendieses vor der Ausbeutung durch ausländische Firmen insbesondere aus den USA, schützen wollte. Er hatte nie eine Verstaatlichung im Sinn, sondern wollte, dass der Staat die privaten Unternehmer schützt. 1953 wurden dennoch alle privaten Ölförderer zum staatlichen Konzern Petrobras zusammengeführt.

Der Flughafen in Ribeira verlor 1943 mit dem Bau des Flughafens auf dem heutigen Gelände an Bedeutung und verfiel mehr und mehr. Und das änderte auch die Umwandlung in eine Marina nicht!

Museum ICBIE

Zum Heulen, was aus diesem historischen und einst schönem Gebäude, wurde! Über die Geschichte Ribeiras und Umgebung gäbe es noch viel zu erzählen, davon, dass Amerigo Vespucci, in der Bucht Schutz suchte, von den Kämpfen mit den Holländern, den Unabhängigkeitsschlachten, von Textilfabriken, den Arbeitern, die Häuser auf Pfählen bauten, den Ruderclubs, die schon über 100 Jahre ihre Regatten hier abhalten. Aber dafür geht ihr am besten selbst ins Museum des ICBIE, betrachtet alte Fotos und sprecht mit Pietro. Er kann ein wenig deutsch.

ICBA

The side of ICBIE, Centro do cultura Brsil Italia Europa

Langweilen dich solche Geschichten? Oder magst du sie? Lass es mich wissen! Danke

INFO

Instituto de Cultura Brasil Itália Europa – ICBIE (Englisch, Italienisch und Portugiesisch)
Rua Julio David, 57, Ribeira, Salvador – das Haus mit der Muse an der Seite und den Flaggen davor.
Öffnungszeiten 9:00 bis 18:00
icbie.br (@) gmail.com

Ele D’Artagnan
www.eledartagnan.com

Hostel Piccola: Dort kann man für kleines Geld bleiben, wenn das Boot aus dem Wasser muss. Busse nach Comercio (Bahia Marina) fahren gegenüber der Kirche ab, zurück nach Ribeira beim Lacerda. Kontakt über ICBIE

Pousada Piccola

Pousada Piccola

5. April 2016
von Steffi
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Mein liebstes Märchen

Mein liebstes Märchen? Rate mal…

Ich bin mir sicher, dass du es schon weißt! Oder?

Märchen haben mich schon immer in ihren Bann und ihre magische Welt gezogen. Ein wenig ist meine Welt bis heute magisch geblieben, auf jeden Fall aber voller Geschichten, Mythen und Märchen.

Aber dieses eine hatte immer eine Sonderstellung inne. Dabei mag ich die Geschichte gar nicht besonders: Der Prinz liebt eine andere und überhaupt ist sie viel zu dramatisch und ohne tieferen Sinn. Zumindest habe ich ihn nie begriffen, nicht mal im Entferntesten.

Doch als Kind sprang ich im damaligen Jugoslawien, das ja immer eine felsige Küste hatte, von Stein zu Stein. Ich gab ihnen Namen, einen großen flachen nannte ich Küche. Und wenn ich dort meine Muschelsuppen kochte, dann stellte ich mir vor, dass ich ganz einfach einen Fischschwanz und Kiemen haben könnte, indem ich untertauchte. So konnte ich zwischen den Felsen schweben und zu den schönsten Muscheln tauchen. Und wenn es mir so gefiel, kletterte ich an Land und – schwups – hatte ich zwei Beine!

Wasser und Land – bis heute kann ich mich für keines der beiden richtig entscheiden, bin hin und hergerissen zwischen dem Leben am Wasser – im geht immer noch nicht, nicht mal mit künstlichen Flossen – und dem Leben an Land. Ich liebe die weiche, warme Seeluft, das Schaukeln meines Schiffes am Ankerplatz, die unmittelbare Nähe des Wassers, wenn wir mit dem Dinghi an Land fahren. Ich liebe es, Buchten und Küsten zu erkunden, nur ins Wasser gehe ich nicht gerne. Und genauso wie ich mich auf unbekannte Inseln und Küsten freue, genauso lockt mich das Land: Mit dem Wohnmobil nach Indien, in die Mongolei, oder von Alaska nach Feuerland fahren – das wäre doch etwas!

Es reißt mich hin- und her zwischen der Liebe zu dem Mann, der die See zum glücklichen Leben braucht, und der Liebe zu meinen Kindern an Land, die nicht viel vom Segeln halten. Die Sehnsucht ist immer bei mir, wie Schaum auf den Wellen. Und das ist in Ordnung so.

P1110661

Foto: Joanna Barck

Jedenfalls als wir vor 16 Jahren zum ersten Mal nach Bahia kamen und an den Strand gingen, stand da vor mir die Statue Yemanjas. Und ich wusste sofort, dass es richtig sei, für einige Zeit nach Brasilien zu ziehen.

Seht ihr, da ist es wieder, das Magische…

Mir war auch klar, dass mein Schiff, sollte ich jemals eines haben, den Namen der afrikanisch-brasilianischen Meeresgöttin tragen würde. Sie ist eher die Meerhexe, die mächtige Zauberin, keine verliebte Meerjungfrau, aber eines kann sie wie die Figur in meinen kindlichen Fantasien: Mal Fischschwanz zum Schweben im Meer, mal Beine zum Tanzen wählen…

Und so begleitet sie mich durchs Leben, die kleine …

Kennst du den Titel des Märchens? Und weißt du, wer es geschrieben hat?

Meine_Liebste_Blogparade

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