Hurra, es regnet nicht! Um sieben Uhr morgens gibt es Frühstück, danach bringt uns Gloria – Köchin, Managerin, Tour Guide, höchstens 22 und unendlich schüchtern – zum Briefing in den Bwindi Park. Wir werden der Nshongi-Gorillafamilie zugeteilt, derselben Gorilla-Familie, bei der auch unsere Tochter vor 15 Monaten war.
Wir heuern einen Träger an, ich werde von Sharon, einer kleinen, scheinbar zarten Frau ausgesucht. Doch sie ist stark: Mit eisenhartem Griff zieht sie mich durch den schlammigen Weg. Ich habe Angst um meine Finger! Die sind abends bestimmt blau!
Aber zuerst fahren wir mit unserem Guide und Sharon gequetscht im Auto zum Einstieg. Von einer Lodge geht es in den Wald, erst auf einem gut ausgetretenen Pfad. Stellenweise ist er sehr matschig, wir queren auch einige Male einen kleinen Bach, dessen Lauf wir folgen. Queren heißt, die Träger, der Guide und die beiden bewaffneten Ranger, stehen in Gummistiefeln im Bach, während wir über die mehr oder weniger trockenen Steine stolpern, weitergeleitet von Hand zu Hand. Bald müssen wir anhalten: Ein Waldelefant kreuzt unseren Weg! Die sind nicht ganz ungefährlich, deshalb die Bewaffnung. Außerdem gibt es auch nicht-habituierte Gorillas, also nicht an den Menschen gewöhnte, die würden uns angreifen. Schüsse in die Luft sollen genügen, um beide zu vertreiben.
In den nächsten zwei Stunden kommen wir nur sehr langsam vorwärts. Das liegt an der Beschaffenheit des Weges und ein wenig an einer fröhlichen jungen schwarzen Amerikanerin, die gleich zwei Träger angeheuert hat: Sie ist etwas füllig und kennt ihre Grenzen: “Ich brauche einen, der mich zieht und einen, der mich schiebt!” Mir ist es recht, haben mir die steilen Hänge doch schon bei der Anfahrt Angst gemacht.
Der Ranger hatte uns beim Briefing noch viel von den anderen Tieren, den Affen, Vögeln und Schmetterlingen erzählt. Die Wahrheit ist: Die sieht niemand, denn wir alle müssen uns auf den Weg und den nächsten Schritt konzentrieren.
Dann melden sich die Ranger, die morgens früh rausgehen, um die Gorillas an ihrem Schlafnest aufzuspüren und ihnen zu folgen: Es ist nicht mehr weit! Jetzt machen die Ranger den Weg mit der Machete frei, wir stolpern einen steilen Hang über Äste und Stängel hinauf. Das ist beschwerlich, vor Allem, da unsere Träger zurückbleiben: Zu den Gorillas sollen nicht so viele Menschen. Leider bekomme ich das nicht mit, so bleibt mein Handy für Instantfotos zurück im Rucksack. Dann der erste Gorilla und wenig später die Babys, die immerhin etwa zwei Jahre und älter sind. Wir können sie nicht unterscheiden!
Sie sitzen in den Ästen pflücken Blätter und Stängel und stopfen sie sich in den Mund. Oft genug bricht ein Ast unter ihnen weg und sie purzeln den Hang ein Stück hinunter. Das gilt auch für den Silverback, dem ältesten Männchen der Gruppe, den mit dem grauen Rücken. Wir folgen ihnen den Hang hinab. Ich bin erstaunt, wie nah uns die Ranger an die Gruppe heranlassen! Wie sie immer wieder Äste weghacken, manchmal fürchte ich um die jungen Gorillas. Am Ende sind wir mitten in der Gruppe, der Silverback nur fünf Meter von uns entfernt, ein kleiner Affe fällt beinahe auf uns! Ein Weibchen macht es sich vor uns bequem und blickt verträumt in die Runde, irgendwie sieht sie aus, als hätte sie was geraucht… Die anderen beiden Kleinen raufen gleich neben dem Silverback, doch der lässt sich nicht aus der Ruhe bringen. Schön oder herzig sind sie dabei nicht wirklich, ihre Fratzen machen eher Angst.
Die Kleinen raufen…
Der Silverback genehmigt sich einen Joint…
Doch dafür gibt es keinen Anlass: Sie alle, auch der eindrucksvolle Silberrücken stopfen einfach nur friedlich Blätter in ihren Mund! Halt, der Kleine über mir muss gelegentlich zeigen wie groß er schon ist und schlägt sich demonstrativ die Fäuste an die Brust.
Ein Erlebnis, once in a lifetime, um damit später den Urenkeln mit der Geschichte auf die Nerven zu gehen! Oder den Pflegern im Altenheim.
Halbstarker
Silverback
Der Silverback der Nshongi-Gruppe
Etwas mehr als 400 Berggorillas leben offiziel noch im Bwindi Undurchdringlichen Wald. Zur Zeit wird wieder neu gezählt und man hofft, dass sich die Zahl verdoppelt hat. Doch es gibt Gefahren: Der Park steht unter großem Siedlungsdruck. Die Geburtenrate in Uganda ist hoch, die Menschen wollen Land, um sich zu ernähren. Und Holz für Feuer. Dass Touristen langfristig mehr Lebensstandard bringen, ist ihnen nicht immer klar. Die Veränderungen, die das für das traditionelle Leben mit sich bringt, sind auch nicht immer errwünscht. Eine andere Gefahr für die Gorillas sind Krankheiten: Sie könnten von den Touristen zum Beispiel mit Grippe angesteckt werden und daran sterben. Im Kongo ist vor wenigen Monaten Ebola ausgebrochen, auch eine Gefahr – für beide Seiten, Tourist und Menschenaffe. Gorilla Tracking kann ein zweischneidiges Schwert sein. Im Moment, so denke ich, überwiegt der Nutzen für die Menschen und Tiere vor Ort.
Undurchdringlich – Impenetrable
Nach einer guten Stunde gibt der Guide das Zeichen zum Aufbruch, die Träger bringen uns die Wanderstöcke und es geht abwärts über Stängel und Äste, oft genug auf dem Hosenboden. Absichtlich, denn Sharon sorgt dafür, dass ich auch nicht falle, wenn ich ausrutsche. Leider spricht sie kein Englisch, sodass ich sie nicht nach ihren Lebensumständen fragen kann. Eines ist klar: Sie bekommt in 6 bis 7 Stunden soviel Geld als Trägerin, wie andere in einer Woche für 7/24 Arbeit!
Dank den Wanderstöcken und Sharon komme ich gut zu den Gorillas und wieder zurück.
Unterwegs machen wir noch Mittagspause und sind um 15:00 zurück im Nshongo Camp. Wir waren etwas nehr als sechs Stunden unterwegs: Gut zweieinhalb Stunden hin, eine gute Stunde dort und etwas schneller zurück. Gloria erwartet uns mit Kaffee und Tee. Ganz schüchtern und sehr lieb liest sie uns das Menü für den Abend vor:
Starter: Tomatencremesuppe
Danach: Vegetable Curry oder Beef Stroganoff
Dessert: Bananenfritters mit Honig
Wir nehmen das Beef und sind zufrieden: Gloria kocht hervorragend!
Ich habe noch einen Spinnenmoment, eine kleine Tarantel an der Tür, gleich neben meinem Bett. Sie huscht nach draußen, Tomy macht die Türe zu – und quetscht sie ein. Das war nicht meine Absicht, aber unglücklich bin ich deshalb auch nicht! Das Moskitonetz stopfe ich besonders sorgfältig unter die Matratze.
Ein Campfire brennt, gemeinsam mit Gloria und einem grauhaarigen Mann, ich nenne ihn von jetzt an respektvoll Gentleman, denn so wirkte er, machen wir es uns gemütlich. Der Gentleman ist sehr interessiert am Leben in Deutschland und Europa. Zum Schluss erklärt er uns auch noch den Weg nach Ishasha: Auf unserem Navi fehlt da ein Stück Straße…
INFO Bwindi Impenetrable Forest
Am Ende der Berichte über unsere täglichen Erlebnisse und Eindrücke kommt eine Zusammenfassung per Bericht und PDF damit du deine eigene individuelle Reise durch Uganda besser planen kannst!
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