Ein Sehnsuchtsort – was ist das? Seit Susanne Heinen Mitte Juli zur Blogparade zu diesem Thema aufgerufen hat, denke ich darüber nach. Welcher Ort, welche Orte könnten meine Sehnsuchtsorte sein? Schließlich habe ich schon an vielen Orten gelebt, an noch mehr viel und schöne Zeit verbracht. Gibt es welche, die ich noch nicht kenne und an die mich meine Sehnsucht zieht? Ist es denn ein Ort, oder doch eher ein Gefühl, ein sinnlicher Eindruck?
Klar, ich habe eine Löffelliste. Also die Liste der Orte, die ich gerne besuchen möchte, wo ich vielleicht sogar ein paar Wochen leben möchte, bevor ich den Löffel abgebe. Heutzutage heißt das Bucketlist, aber ich werde nie verstehen, warum ich ein schönes deutsches Wort mit einem englischen ersetzen soll?
Egal! Auf meiner Löffelliste der noch nie besuchten Orte stehen die Lofoten, der Iran und Rumänien, das Polarlicht sehen, meine Cousine in Bilbao besuchen, Süditalien und Portugal und – ach, im Grunde wechselt das ständig! Und es wird auch immer weniger wichtig, schließlich habe ich schon so viel gesehen und erlebt, war an Orten, an die weniger Menschen kommen, als auf den Himalaya.
Dann gibt es Orte – wenige –, die ich gerne nochmals besuchen möchte. Einfach, weil ich sie noch nicht genug ausgekostet habe: Den Süden von Santo Antao in den Kap Verden würde ich gerne nochmals erkunden, ebenso das Innere von Dominica. Wir waren wenige Monate nach dem verheerenden Hurrikan Maria dort, viele Wege waren noch unpassierbar. So haben wir nur an der westlichen Küste gekratzt, doch der Rest muss wunderschön sein. Im türkisfarbenen Wasser vor Sandy Island schwojen – das wäre etwas. Dabei weiß ich nicht mal, ob es diese Insel vor Carriacou noch gibt. Denn der erste schwere Hurrikan dieser Saison zog genau darüber. Und Sandy Island ist – war – wirklich nur ein Sandhaufen mit ein paar Palmen drauf.
Was ich wirklich vermisse, jetzt, da wir schon lange wieder zurück in Europa sind, ist das Schnorcheln in den Riffen der Karibik. Ja, diese Unterwasserwelt ist definitiv ein Sehnsuchtsort!
Dazu gehört auch Mali Lošinj. Ich erinnere mich an eine Zeit in meinem Leben, als im Juni die Mauersegler über mir eine fast unstillbare Sehnsucht nach der kroatischen Insel Mali Lošinj, dem Urlaub dort, wachriefen. Ich erinnere mich, wie es mir während des Yugoslavienkrieges das Herz zeriss vor Angst, dort nicht mehr hin zu kommen. Denn der Blick von der Landzunge am Ende der Čikat-Bucht auf den Berg Televrina ist für mich auch nach Jahren des Reisens zu Traumzielen einer der schönsten der Welt. Ob das an dem Berg liegt, oder an der Erinnerung an die schönen Zeiten dort?
Der atemberaubenste, energetischste und schönste Ort dieser Erde ist für mich Iguaçu. Zweimal war ich dort, sowohl auf der argentinischen als auch auf der brasilianischen Seite, beide auf ihre eigene Art magisch. Ich habe kein anderes Wort dafür. Ein Ort, der tiefsten Verbindung mit Mutter Erde und dem Universum, ein Ort der Kraft. Ja, dorthin zieht mich meine Sehnsucht, und doch weiß ich – sie wird nie gestillt sein, immer zurückkommen, wenn ich fern bin.
Brasilien, genauer Salvador da Bahia, wird immer ein Sehnsuchtsort bleiben. Dieses Jahr im Februar waren wir wieder dort, nach sieben langen Jahren. Das Gefühl der Vertrautheit, des Teil-seins, war überwältigend. Gleichzeitig erinnerte ich mich daran, wie fremd mir alles war, als wir Ende 2000 dorthin übersiedelten. Das Gefühl damals, dass sich mein Inneres nach Außen kehrte, weil so vieles neu und gewöhnungsbedürftig war. Wie wohl ich mich dort heute fühle – und wie wenig ich dort auf die Dauer hingehöre!
Ähnliches erlebte ich auch im Juni in Wien, „zu Hause“, dort, wo ich herkomme, wo mich meine Sehnsucht immer wieder hinzieht. Ein warmes Gefühl der Zugehörigkeit, wie von einem weichen Federnbett geborgen, umhüllte mich. Und gleichzeitig hatte ich den Eindruck im falschen Bett zu liegen!
Weiß ich jetzt, nach diesen Betrachtungen, wo mein Sehnsuchtsort ist? Ja!
Und nein.
Denn ich merke, dass alle meine Sehnsuchtsorte etwas mit geliebten Menschen, Natur, Schönheit, Verbundenheit und Wasser zu tun haben. Etwas tief in mir, etwas, das mich in meinem innersten, vielleicht in meinem eigentlichen Sein, in meiner Seele, berührt, eine Verbundenheit mit Schönheit und Natur, ein tiefer Friede: Dort, wo ich dieses Einssein leicht und über einen längeren Zeitraum hervorrufen kann, dort wird meine Sehnsucht gestillt.
Eine wunderbare Ergänzumg zu meinen Gedanken ist der Beitrag von Silke über Venedig, genauer, das damit verbundene Gefühl. Lesen lohnt!
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