Segeln mit Yemanja

Bastia – die Lebendige zwischen Verfall und Erneuerung

Bastia ist anders. Anders als alle anderen Orte, die wir auf Korsika gesehen haben. Bastia lebt.

Woran ich das erkenne? Dort gibt es gleich zwei Kurzwarengeschäfte alten Stils in unmittelbarer Nachbarschaft.

Gut, natürlich leben auch in St. Florent, Ile Rousse, Bonifacio oder Ajaccio und Calvi Menschen, aber es sind Orte, in denen die Touristen den Charakter bestimmen. Sie sind es, an denen sich das Angebot in Geschäften und Restaurants rund um die interessanten Orte richtet. In Bastia hält sich das in Grenzen. Klar, die Restaurants warten auf auswärtige Gäste, doch richten die meisten Geschäfte ihr Angebot an den Bedarf der Einwohner aus. Es ist – noch – eine gesunde Mischung.

Ich streife durch die Straßen, morgens früh um halb acht, auf der Suche nach einer Boulangerie und den versteckten Juwelen. Die, die ich nicht sehe, wenn die Straße voller Leben ist, weil ich dann auf meinen Schritt achten muss oder mich das Angebot in den Geschäften ablenkt.

Ich entdecke alte Bekannte, das reisende Pärchen von Costah, einem portugiesischen Street Art Künstler, in Kombination mit einem anderen, schon zerfallenden Kunstwerk.

Das reisende Pärchen des portugiesischen Streetart Künstlers Costah

Ich entdecke ein Gedicht, ein schönes Bildnis einer Frau, doch tatsächlich sitzen schon Menschen davor und trinken den ersten Kaffee des Tages.

Ich entdecke kleine, feine Street Art neben den Nummernschildern der Häuser – und einen alten Mann am Fenster, der beobachtet wovon diese seltsame Touristin Fotos macht.

Streetart in Bastia

Streetart in Bastia

Ich entdecke Mirelles Patisserie, die auch frische Croissants verkauft, aber auf 10 Euro nicht rausgeben kann. Sie ist winzig, ein kleiner Verkaufsraum, dahinter im Gewölbe die Bäckerei.

Mireilles Patisserie

Ich entdecke ein paar Häuser weiter drei alte Männer vor einer geöffneten Bar. Der Patron wechselt meinen Schein.

Ich entdecke daneben ein kleines Gärtchen, das doch tatsächlich jemand gießt.

Hier wird gegossen!

Nachmittags spaziere ich mit Tomy staunend durch die Gassen. Da ist ein Haus, halb verfallen, und doch sind im zweiten Stock neue Fenster eingebaut. Viele Hauseingänge lassen uns schaudern: Steile, halb verfallende Treppen führen nach oben, gleichzeitig ist ein exklusives Geschäft im Erdgeschoss. Immer wieder gelingt uns ein Blick ins Innere von Geschäften, Betrieben und Lokalen: Da ist die uralte Schreinerei, so, wie wir sie noch aus Brasilien oder Bolivien kennen, Porto hatte das auch. Oder dieses kleine – ja, was denn nur?

Hübsche bunte Quilts hängen davor, sie sind zum Verkauf, zwei Tische und Stühle stehen da. Ich gehe hinein: Die Eier stehen rechts vom Eingang, links ist die Kaffeemaschine und die Platte zum Backen der Crepes, geradeaus Nähgarn und Stoff. Ich mag es!

Kaffeehaus, Handarbeitstreff und Stoffgeschäft in einem

Kinder spielen Fußball am Platz vor der Kirche. Tomy meint, das Portal ist das Tor…

Ein Obdachloser schläft vor dem Supermarkt seinen Rausch aus. Er wird von der Polizei vertrieben. Am nächsten Tag ist er wieder da – und wünscht uns auf Englisch einen schönen Tag, nachdem ein Euro in seinen Becher gewandert ist.

Verbotener Badeplatz, zufällig leer

Jungs zwischen Kind und Mannsein springen am Pier an der Hafeneinfahrt ins Wasser. Es ist natürlich verboten, da zu baden, aber es macht einfach Spaß! Beim Heimgehen drücken sie unbemerkt die Notfallknöpfe der Stromkästen, kurz vor dem Schließen des Hafenbüros – 10 Schiffe haben bis zum nächsten Morgen keinen Strom!

Yemanja in Bastia

Die Ursache für den Stromausfall entdecken wir erst am nächsten Tag in der Früh. Bis dahin koche ich vor Wut: Gerade in dieser Nacht der 1. Juli kostet die Marina das doppelte wie die Nacht zuvor, es gibt kein Hafenpersonal, keine Notfallnummer… Typisch Korsika!

Wenn da nicht dieses Ambiente wäre…

Abendstimmung im alten Hafen von Bastia

Und eine lebendige Stadt.

Bastia eben.

Basta!

Bastia

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