Als ich Tomy das erste Mal in Köln besuchte, vor 43 Jahren, hing über seinem Bett ein Foto: Ansteuerung von Bonifacio bei Windstärke 8. Es hätte mir eine Warnung sein sollen…
In den einschlägigen Foren und Büchern liest du genug Legenden und Warnungen über Bonifacio und die Straße davor. Wenn der Mistral weht, wird sie zur Düse, für Wind und Welle.
Ich hatte gehörigen Respekt.
Schlaflose Nächte. (Nicht wirklich, mein Schlaf ist bestens)
Angst? Ja auch, vor dem Mistral, vor der Düse, den Wellen.
Dabei wusste ich doch genau, dass Tomy mich nie wissentlich und ohne Not in eine unberechenbare Situation bringen würde. Lieber warten. Denn im Grunde hat er auch Respekt.
(Hier muss ich heute, im August einschieben: Vor ein paar Tagen fegte ein Gewitter mit bis zu 200km/h über Korsika. Viele Schiffe liegen zerstört am Strand, in den Felsen, auch in Girolata. Es gibt einfach nicht genug sichere Anker- oder Hafenplätze in der Hochsaison. Mit wissentlich hat das nichts zu tun, manchmal hat man einfach schlechte Karten.)
Jetzt rate mal, was nach wochenlanger Windstille geschieht, just in den Tagen, in denen wir uns Bonifacio nähern?
Richtig! Der Wetterbericht kündigt sich aufbauenden Mistral an, der allerdings über die Balearen fegen soll. Dennoch, auch für die Straße von Bonifacio kündigt Wetterwelt Windstärke 5 bis 6 mit Böen bis zu 8 Beaufort an. Na gut, haben wir alles schon gemeistert, aber der Respekt meldet sich.
Erst mal müssen wir allerdings bis Bonifacio kommen. Noch ist von Westwind keine Spur, er bläst mal wieder auf die Nase, das Unterwassersegel bringt uns von Campo Moro bis Bonifacio, durch die schmale Einfahrt in den Fjord. Es ist erst drei Uhr nachmittags, doch auch jetzt haben die Platzanweiser genug zu tun. Wir bekommen einen Liegeplatz kurz vor der Tankstelle, nicht gerade der schönste Teil des Hafens, aber wir sind zufrieden: Hier werden wir weniger von den Ausflugsbooten gerollt und ruhiger ist es auch, da hierher nur mehr wenige Touristen kommen.
Gut, der Aufstieg zur Festung und in die Altstadt ist schon mühevoll, aber es fährt ja auch ein Bähnchen. Wir nehmen trotzdem unsere Füße. Der Friedhof, wieder malerisch gelegen, gefällt mir sehr.
Die Treppe, die angeblich König Aragon in den Fels hauen lies, lassen wir aus, lieber trinken wir ein kühles Bier auf einem kleinen Platz vor einer Kirche. Nur wenige Menschen verlaufen sich dorthin. Ein Restaurant, das uns anspricht, finden wir nicht. Wir greifen wieder auf Tomatensalat mit Käse auf dem Schiff zurück.
Am nächsten Tag erfüllt sich Tomys Traum:
Auf geht es, durch die Straße von Bonifacio – UNTER SEGELN – nach Rondinara.