Um halb neun Uhr morgens mieten wir ein Auto auf Marie Galante, um zwei Uhr nachmittags haben wir sämtliche Sehenswürdigkeiten, inklusive Rumverkostung, Wanderung, drei Drohnenflügen, Stoffkauf und Mittagsimbiss erledigt. Einzig Schnorcheln fehlt mir noch, aber dazu ist mir die Lust vergangen. Wir sind 70 Kilometer gefahren.
Daraus folgt: Die Insel ist nicht sehr groß, 158 m² sind es.
Columbus benannte Marie Galante nach einem seiner Schiffe. Angeblich sind ihm die Heiligen angesichts so vieler Inseln ausgegangen. Vielleicht wollte er aber auch nur ein irdisches Gegengewicht zu Guadeloupe und den Iles des Saintes schaffen. Wer weiß?
Aus der Luft ist die Insel fast rund, von See aus der Ferne flach, wie eine Palatschinke. Und wie ein Pfannkuchen hat sie beim näheren Hinsehen dickere und dünnere Stellen, Krater und Löcher, kleine Hügel und Mare. Ist ganz hübsch, die Landschaft auf Galantschinke!
Wir rollen gemütlich dahin. So sind wir kurz vor neun an der Destillerie Bellevue. Dort steht noch eine der alten Windmühlen, mit Flügeln sogar. In der Destillerie selbst ist nur ein kurzer Rundgang erlaubt, doch die Tafeln am Eingang erläutern den Prozess. Auf Französisch natürlich. Gemeinsam verstehen wir aber doch was da steht: Das Zuckerrohr wird per Hand oder Maschine geerntet, auf Anhängern, gezogen von Traktoren oder Ochsen angeliefert. Tatsächlich haben wir auf der Fahrt hierher einen solchen beladenen Ochsenkarren überholt. Mit einem Zuckerrohrlader, ein Gefährt, das Großmütter von Enkelsöhnen besonders fasziniert, werden die Pressen beladen. Der Saft kommt in Fermentierungskessel. Da fließt sogenannter Vin, Wein, raus, mit etwa 5% Alkoholgehalt, der dann destilliert wird. Eine Tonne Zuckerrohr ergibt 120l Rum mit 50%. Der Abfall wird ökologisch gereinigt und wird schließlich als Dünger verwendet – allerdings nur in dieser Destillerie.
Hinter der Destillerie ist ein Sonnenkollektorenfeld. Dabei fällt mir auf: Sonnenkollektoren und Zuckerohr tun praktisch das Gleiche: Sie verwandeln Sonnenlicht in Energie, in Strom die einen, in Zucker das andere.
Nach dem Verkosten einer winzigen Menge Rums mit Kokos fahren wir weiter. Es geht an die Ostküste, zur Gueule Grand Gouffre. Das ist eine Felsbrücke, die vom Wasser unterspült wird. Aus dem richtigen Winkel gesehen, sicher sehr hübsch, nur leider nicht vom Aussichtspunkt aus. Die Drohne möchte Tomy nicht fliegen lassen, weil es ihm zu bewölkt ist.
Am nächsten Aussichtspunkt, der Caye Plate, sind die Bedingungen besser und Tomy wagt den Flug. Lustig ist, dass die Vögel der umgebung sofrot nachsehen kommen, was das denn für ein komischer Vogel ist!
Ich erkunde die Umgebung mit der normalen Kamera.
Weiter führt uns der Weg nach Capesterre. Dort sollen schöne Riffe zum Schnorcheln sein, Brille und Flossen habe ich mit. Das Blau ist auch wirklich verlockend, die Sargasso-Algen eine Plage. Unseren Ausflug ans Wasser beenden wir Fluchtartig: Die verrottenden Algen stinken wie die Pest. Die wunderschönen Strände um Capesterre sind voll davon. Mit Baggern werden die angespülten Algen weggefahren, es scheint eine Sisyphusarbeit zu sein. An Baden oder Schnorcheln ist hier nicht zu denken.
Unser nächstes Ziel ist die Habitation Murat, gut erhaltene Ruinen einer Zuckerfabrik. Sie gehört zu einem Projekt der UNESCO, in dem Orte, die für die Sklaven von besonderer Bedeutung waren, ausgezeichnet und gefördert werden. Auf Murat arbeiteten vor der Abolition über 300 Sklaven. Einige davon waren begabte Handwerker: Sie bauten das Herrenhaus im neoklassizistischem Stil, ihr Andenken wird durch das Projekt der UNESCO gewürdigt. Das Herrenhaus steht an einem der schönsten Flecken der Insel. Von seiner Terrasse kannst du Dominica, Les Saintes und Guadeloupe sehen.
Mich fasziniert der alte Baum mit den Bromelien. Ich kann mich nicht an ihm sattsehen, muss ihn von allen Seiten fotografieren. Und ja, da musst du jetzt durch.
Und hier zum Ausgleich Fotos, die Tomy aus der Luft schoss:
Mittags erreichen wir Grand-Bourg, die Hauptstadt. Räusper… Tomy überredet mich zum Aussteigen, er will ein Croissant und einen Kaffee. Er bereut es sofort, denn ich finde ein Haushaltswarengeschäft, das Madraskaro in Meeresfarben verkauft. Die weiße Matrone hinter der Kasse nähert sich – von welcher Seite auch immer – den 80 Lenzen, die schwarze Verkäuferin ist nicht viel jünger. Ohne meine Hilfe kann sie den Stoff nicht schneiden, das liegt allerdings an der Enge des Ladens. Ich bin jedenfalls erst mal glücklich.
Eine Boulangerie, die mittags noch Hörnchen hat, ist nicht zu finden, also lassen wir uns am Hafen zu einem Bier mit Accras nieder. Accras sind in diesem Falle Brandteigbällchen mit dem Resten des Fisches vom Vortag und viel Chilli drinnen. Das war jetzt meine böse Zunge, du kannst sie natürlich auch mit frischem Fisch machen, meist wird Kabeljau verwendet. Sie schmecken dort in dieser Hafenbar, gegenüber der mit den bemalten Wänden, köstlich!
Hinter Bourg liegt die Habitation Roussel Trianon, die allerdings recht verfallen ist. Dennoch ist sie ganz schön eindrucksvoll.
Ja, und dann sind wir auch schon wieder zurück, halten unseren Mittagschlaf, bevor ich nochmal um das Schiff schnorchle. Am Tag zuvor war das Wasser so ruhig und klar, dass ich von Deck aus die Seegrashalme hätte zählen können. Allerdings waren keine Fische da – bis zu dem Moment, in dem ich das dachte! Da kam unter mir ein eindrucksvoller Schwarm recht großer Fische neugierig herangeschwommen!
Heute allerdings sind viele Wellen und das Wasser ziemlich trüb.
Tomy rudert uns zurück zum Strand, wir müssen noch das Auto zurückbringen. Und da passiert es: Ein Wal springt vor ihm aus dem Wasser!
Weit vor ihm, so einen Kilometer weit draußen. Aber er springt und bläst weiterhin, so dass ich dieses Schauspiel auch zum ersten Mal erleben kann. In Brasilien sah ich ja immer nur die Fluke verschwinden, das allerdings fast schon beängstigend nah!
Am Rückweg finden wir noch zwei Stöcke, die der Fischer, der die schönen Hummerkörbe baut, weggeworfen hat. Während hinter ihm die Sonne versinkt, schneidet Tomy sie für uns als Wanderstöcke zurecht. Auf der Insel sind derweil die Gehwege längst hochgeklappt!
INFO Marie Galante
Am besten bei Flaute anfahren. Die Bucht vor Saint Louis ist praktisch der einzige Ankerplatz, aber bei Schwell rollig. Flaute hat den Vorteil, dass dann das Wasser dort glasklar ist und du die Fische von Deck aus beobachten kannst.
Davor sind jede Menge Hummerkörbe und Fischernetze.
Die Insel ist winzig, aber eine Rundfahrt mit dem Auto lohnt sich und zeigt wieder eine ganz andere Welt als Dominica oder Les Saintes. Wir haben bei Magauto unter Siberil Reys Studio am Kai gemietet. Er war quasi der einzige der offen hatte, bzw. vielleicht die meisten Autos hat. Die anderen beiden waren ausgebucht (Ostern).
Du kannst auch mit der Fähre von Pointe-à-Pitre für einen Tag hinfahren, dann vorher Auto reservieren, es gibt Kombiangebote von den Autoverleihern, Auto und Fähre. ich habe nur nicht aufgepasst, von welchen! Der Ausflug lohnt!
Zu kaufen gibt es nichts, wenn man mal von Honig, Rum oder Stoff absieht! Die Restaurants haben praktisch nur mittags offen, ein oder zwei auch abends (Chez Henry und Baleine Rouge)
Wifi war nicht aufzutreiben, aber Baleine Rouge soll eines haben.