Liebe Freundin,
Vielleicht wunderst du dich, dass ich dir einen Brief schreibe. Das kommt daher, weil ich gerade ein wunderbares Buch gelesen habe: Das große Los von Meike Winnemuth. Sie hatte eine halbe Million Euro beim Jauch gewonnen, was für sie der Anstoß war, ein Jahr lang jedes Monat in einer anderen Stadt zu verbringen. Aus jeder Stadt schreibt sie einen Brief an Freunde, Vermieter, Ex usw. Das tut sie ganz zauberhaft. Außerdem nimmt sie in jeder Stadt Leseraufträge an.
Ich habe mir also selbst einen Auftrag gegeben: Besuche den Ort, Trois Ilets, an dem deine abenteuerliche Freundin mal gelebt hat. Lange ist es her! Und keine Sorge, ich gebe keine Details bekannt, auch wenn dein Leben sich für ein Buch eignen würde: So viele fabelhafte Geschichten wären darin!
Nicht, dass Trois Ilets weit von Le Marin weg wäre, und nicht, dass es dort keinen schönen Ankerplätze gäbe: Aus verschiedenen Gründen wollen wir Martinique von Le Marin aus erkunden. Nur wie?
Wen auch immer wir nach einem Bus nach Trois Ilets fragen, schüttelt zweifelnd sein Haupt. „No, il n‘ y a pas du autobus“ – Busse gebe es nicht, vielleicht Sammeltaxis, die fahren vom Gare Rotiere ab. Ich habe aber einen Busfahrplan! Nur wissen wir nicht genau, wo der Bus mit der Nummer D2 abfährt, werden immer wieder zum Gare Rotiere geschickt – den wir zwei Tage lang suchen. Natürlich nicht den ganzen Tag, aber zwei Erkundungsgänge machen wir. Beim ersten finden wir ein Kunstwerk, ganz nach meinem Geschmack und beim zweiten zufällig in einer Art Hinterhof den Gare Routiere. Aber dort fahren keine Busse ab, sondern die besagten Sammeltaxis und auch das nur nach Fort de France.
Wir geben nicht auf und siehe da – plötzlich liegt sie vor uns, die Bushaltestelle, sehr offensichtlich gegenüber vom Macdonald! Der Bus kommt auch pünktlich. Er ist klimatisiert und so neu, dass von seiner Existenz noch kaum jemand Notiz genommen hat.
Die Fahrt macht Lust auf mehr Martinique, auf den Rum, der aus dem Zuckerrohr, das entlang der Straße wächst, auf alte Mühlen und Destillieren, auf mehr Ausblicke aufs Meer.
In Trois Ilets steigen wir vor dem Golfplatz aus. An dem hast du mal gewohnt, sagst du, doch er ist groß! Die Hauptstraße, die an ihm entlangläuft, hat keinen Gehweg, also mache ich ein paar Fotos vom rundherum. Von Hütten ist nicht mehr viel zu sehen, es dominieren mehr hübsche kleine Steinhäuser, in der Ferne ein Hotel: Ich denke, du würdest es nicht wiedererkennen!
Auch der Anleger der Fähre nach Fort de France ist ganz neu! Fast gleichzeitig mit ihr erreichen wir ihn und beschließen spontan hinüber zu fahren.
Hast du sie je benutzt? Du wirst ja schon beim Schnorcheln seekrank!
Ich genieße den Fahrtwind und die Seeluft – als ob ich auf unserem Schiff nicht genug davon hätte! Aber es ist anders, entspannter, ohne Verantwortung. Etwa 25 Minuten dauert die Fahrt, immer wieder garniert mit hübschen Blicken in versteckte Winkel und den Mont Pelee, der hinter Fort de France in den Himmel ragt. Da will ich hinauf? Zu Fuß? Ich muss nicht ganz bei Trost sein?
Du hast gesagt, du würdest uns gerne auf der Insel herum führen: Warst du oben? Wie?
Ich werde dich nochmals nach den Sahnestückchen der Insel fragen müssen. Und damit meine ich keineswegs die Eclairs und Tartletts, die meine Figur hinterrücks angreifen und denen ich ohne Schild oder Abwehr hilflos ausgeliefert bin!
Nein, ich meine die Orte, die nur Insider kennen. Gibt es die noch?
Haha, ich glaube ich weiß einen: Anse de Salinas ist ein Strand südwestlich von St. Anne, der hauptsächlich von paarweisen, nackten Männern aufgesucht wird. Wobei der Strand wirklich sehr schön und romantisch ist. Es ist nur ein Strand von vielen dort, alle zählen zu den schönsten Stränden, die ich bisher in der Karibik gesehen habe. Hotels findest du dort keine, aber viele Picknickplätze, die keineswegs den Eindruck des einsamen Strandes schmälern. Du kannst mit dem Auto hinfahren, oder am Wasser entlang wandern – Wanderschuhe sind nicht nötig!
In Fort de France empfangen uns das Fort mit Ankerplatz davor, ein Kreuzfahrtschiff, eine karibische Band am Anleger und ein hübsches Städtchen. Was mich dahin gezogen hat? Kannst du es dir denken?
Stoff! Was sonst! Madraskaro ist für Martinique so typisch wie für Suriname und Französisch Guyana. Dort habe ich mich eingedeckt, doch es könnte ja sein, dass es hier noch schöneren und preiswerteren Stoff gibt? Kann frau ja nie genug von haben…
Letztendlich schauen wir uns knappe zwei Stunden um, kaufen keinen Stoff und gehen zurück zum Anleger. Unterwegs dröhnt aus einem Geschäft laute Musik, eine Gruppe englischsprachiger Touristen geht daran vorbei, denen der Guide etwas von karibischer Musik erzählt – fast hätte ich laut gelacht! Was da aus den Lautsprechern kommt, ist ganz sicher portugiesisch und zu 98% Olodum!
Die Band am Anleger ist immer noch da, und sehr viel originaler! Zeit genug zum Tanzen habe ich noch. Wirklich schade, dass du nicht mit uns da bist, mit dir wäre das lustiger!
In Trois Ilets schmausen wir noch ein Eclair und ein Pain au Chocolat, dann kommt auch schon der Bus – vorbei ist der Ausflug in deine Vergangenheit. Jetzt bin ich sehr neugierig, was du zu den Fotos sagen wirst. Ob du etwas wieder erkennen wirst?
Bis bald, ich freu mich aufs Wiedersehen!
Steffi
INFO Trois Ilets
Alle Buslinien im Süden von Martinique findest du hier.
Die Line D fährt Le Marin – Trois Ilets
Nach Fort de France fahren Sammeltaxis, die mit den Bussen nichts zu tun haben und vom Gare Rotiere an der Hauptstraße etwa gegenüber der RueVictor Schoelcher abfahren.
Die Fähren von und nach Bourg des Trois Ilets gehen wochentags etwa alle halbe Stunde, meist um 15 und 45. Weitere fähren gehen von Anse a l’Ane, Anse Miton und Pointe du Bout. (Wir sind in Bourg des Trois Ilets aus dem Bus gestiegen)
In der Gegend gibt es auch schöne Ankerplätze: Grande Anse d’Arlet, Petit Anse, Anse Chaudiere, Anse Mitan (Dort kann man kostenlos ausklarieren)