Ich wollte ja vor Weihnachten noch mal zurück nach Tobago, aber Tomy will nicht. Er möchte nicht zurücksegeln. Und Regenwald hat er genug gesehen, Wasserfälle auch. Ich bin ein Fan von Wasserfällen, aber die Sache mit dem Regenwald stimmt. Außerdem brauchen wir für Tobago Wind aus nördlicher Richtung und der will sich nicht so recht einstellen. Dafür weht er recht günstig für Carriacou, Union Island und die Cays!
Also auf nach Norden in die Tobago Cays. Soll ja Karibik vom Feinsten sein!
Außerdem will Petra, Toms Schwester, auch dahin.
Von der immer noch sehr rolligen Dragon Bay segeln wir diesmal mit gutem Wind und sanfter Welle und nur einem Schlag, um dem Unterwasservulkan Kick ‘em Jenny auszuweichen, hinauf in die Tyrell Bay in Carriacou. Ist richtig feines Segeln! Macht sogar mir Spaß! Etwas mehr als 6 Stunden brauchen wir, mit meinem Bruder sind wir mehr als doppelt so lange unterwegs gewesen!
Dort klarieren wir aus. Zoll und Immigration öffnen um 8 Uhr, um halb 9 ist eine Warteschlange davor, die Öffnungszeiten sind wohl in Caribbean Flextime angegeben. Doch es klappt alles gut, um 11 Uhr verlassen wir Grenada. Petra fährt erst noch zu Sandy Island, Tom wartet in Carriacou auf uns, wir legen Kurs Clifton, Union Island, an. Das ist der südlichste Einklarierungshafen für St. Vincent und die Grenadinen.
Wieder ist der Wind günstig! Bei 15 Knoten aus leicht südöstlicher Richtung, kaum Welle segeln wir hart am Wind, aber bequem, bis vor die Einfahrt in den Hafen. Dort erwischt uns erst Mal ein Regenguss und dann ein Boatboy. Eigentlich wollten wir ja zwischen den Riffen ankern, lassen uns aber bequatschen und nehmen seine Mooring. 80 EC will er dafür, knapp 27 Euro! Ich glaube, selbst in der tollen Marina in Oeiras lagen wir günstiger! Aber gut, dafür kann Tomy wieder an Land rudern. Wir sparen also Benzin. Im Schönreden bin ich gut.
Zoll und Immigration sind in den Flughafen übersiedelt, der gleich hinter dem Anchorage Yacht Club Hotel am Strand liegt und in vielleicht fünf Minuten zu Fuß vom Steg aus zu erreichen ist. Der blaue Tower leuchtet uns schon von weitem entgegen, das Flughafengebäude ist eine Holzbaracke. Darin lungern ungeheuer motivierte Menschen herum. Der von der Immigration verweist uns wortlos an den Zoll. Hinter der Tür zum Zoll verbirgt sich die Ankunftshalle, dort ist es noch heißer als draußen. Die Dame vom Zoll nimmt gelangweilt die Füße vom Tisch, schiebt uns ohne den Blick vom Handy zu erheben ein Formular mit dreifachem Durchschlag zu. Tomy ist sich bei ein, zwei Punkten nicht sicher, was er hinschreiben soll. Als er ihr den Zettel zeigen und gerade freundlich fragen will, wird er von ihr angefahren: „Next port!“ Energisch tippt ihr Finger auf das Blatt.
Schließlich ist sie doch zufrieden, nimmt das Blaupapier raus, kritzelt irgendetwas auf die Formulare und schickt uns zu ihrem Vorgesetzten. Der spielt kauend in einer eisgekühlten Kammer am Handy herum. Er legt wieder Blaupapier ein, knöpft uns 71 EC für den Zoll ab, und unterstreicht seine Wichtigkeit durch eine ausladende Unterschrift mit rotem Kuli. Wir bedanken uns höflichst und werden mit einem Anflug von Lächeln entlassen.*
Der Typ von der Immigration muss jetzt notgedrungen ein paar Worte mit uns wechseln. Aber schließlich und endlich haben wir die Stempel im Pass, mit der Erlaubnis, drei Monate im Land St. Vincent und die Grenadinen bleiben zu dürfen.
Clifton ist schnell erkundet: Der Markt ist tatsächlich nett, schön bunt und mit einer akzeptablen Auswahl an Obst und Gemüse. Daneben gibt es jede Menge Supermärkte, die den Namen nicht verdienen. Dafür gibt es bei Captain Gourmet im Regal sogar echten französischen Camenbert, für umgerechnet 10 Euro die Packung. Wir beschränken uns auf 6 Brötchen, die nur 1,30 Euro kosten. Butter, Käse und Tomaten haben wir noch an Bord.
Die Restaurants sehen recht nett aus, wir wollen erst mal nur etwas trinken und Internet. Captain Gourmet verspricht Free Wifi, das aber nicht funktioniert. Also beobachten wir das Treiben in der Bucht. An jeder Ecke werden Conch-Muscheln aufgeschlagen und geputzt. Berge davon liegen am Ufer und im seichten Wasser herum. Sie sind hier unter den Touristen wohl sehr beliebt, doch uns schmecken sie nicht. Boatboys düsen mit ihren heißen, wohlgepflegten Öfen zwischen den Riffen herum und markieren den starken Mann. Es gibt eine Garbage Collection Station am Strand, erhalten von den straken Männern, doch der Müll findet wohl nur von Hand der Yachties seinen Weg dorthin. Immerhin versuchen sie es.
In dieser Ansammlung von durchaus charmanten Holzbuden, die den Ort Clifton ausmachen, wimmelt es von deutschen Touristen. Naja, wimmelt ist zu viel gesagt, aber ein paar sind da, vielleicht von Palm Island oder Petit St. Vincent herübergefahren. Auf diesen beiden Inseln gibt es tolle Strände und Hotels. Die Hotels auf Union Island selbst können unserer Schätzung nach höchstens 200 Gäste beherbergen. Gemeinsam mit den Yachties bewahren sie die Einwohner wohl vorm Verhungern. Ist vielleicht krass ausgedrückt, aber in Clifton ist nichts!
Halt, Union Island gilt als der Kite-Hotspot in der Karibik! Ich würde es ja gerne noch mal probieren, aber nicht zu dem geforderten Preis!
*Der junge Oficer beim Ausklarieren war das genaue Gegenteil: Motiviert und freundlich!
INFO Clifton, Union Island
Ankern zwischen den Riffen ist sehr wohl möglich, man muss sich nicht von den Boatboys, die Moorings vermieten, bequatschen lassen. Oder vorher nach dem Preis erkundigen!
Ein- und Ausklarieren ist jetzt nur mehr am Flughafen möglich, der ist sowohl vom Steg des Anchorage Yacht Club als auch von der Dinghi Lagune vorm Hotel Barracuda/Bougainvillea in fünf Minuten zu erreichen.
Am Steg vor den Hotels mit B im Namen kostet Anlegen für eine Nacht für bis zu 40 Fuß 25US, ist also preiswerter als die Mooring. Ich nehme an, am Steg des AYC wird es nicht viel anders sein. Es gibt Wasser und Strom. Extra natürlich.
Benzin und Diesel können in Kanistern an der Tankstelle geholt werden.
ATM/Bankomat ist neben dem Markt.
Am markt gibt es eine gute Auswahl an Obst und Gemüse in guter Qualität.
Kite Surf Schule vor Ort
Brauchbares Internet soll es im Internet Cafe fast am Ortsende, bevor es den Berg rauf geht, geben. Wir waren nicht weit genug.
Im Doyle Revierführer Windward Islands steht alles Wissenswertes drinnen. Es empfiehlt sich sehr, ihn zu lesen.
Darüber hinaus ist es sinnvoll, Augen und Ohren offen zu halten, denn die Dinge können sich in der Karibik schnell ändern. Oder auch nie!