Früher dachte ich spontan an türkisfarbenes Meer, Palmen, eher einsamen Sandstrand und Sonne. Falls du das auch tust, wirst du ebenso wie ich erst mal vom bergigen und touristischen Grenada enttäuscht sein. Sicher, ist alles da, musst es allerdings suchen. Und dich mit Hotels und relativ trüben Wasser zufrieden geben. Aber Graca a Deus – es gibt ja Carriacou!
Diese kleine Insel liegt etwas nordöstlich von Grenada, gehört zu dem State of Grenada und sie ist karibisch! So wie es der Europäer – oder ich – gerne hätte: Selbst in der großen Ankerbucht, der Tyrell Bay, kannst du im türkisen, vielleicht sieben Meter tiefen Wasser bis auf den Grund sehen. Wenn du Glück hast, kommt eine Schildkröte vorbei oder die Pelikane fischen am Ufer. Manchmal fliegen sie ganz knapp am Schiff vorbei. Im seichten Wasser schwimmen blaue Nadelfische und am Strand liegen große Schneckenhäuser, mehr oder weniger unversehrt. Zugegeben, das ist nicht ständig so, du musst schon zur rechten Zeit am rechten Ort sein, aber wir haben all diese Tiere dort beobachtet, warum du nicht?
Das Ufer ist gesäumt von netten kleinen Bars und Restaurants, mit freundlichen Menschen, kaltem Bier und gutem Essen. Kletterpflanzen und Sträucher leuchten in grellen Farben vor den bunten Häuschen. Rufus, der Gemüseverkäufer, reicht einer Kundin das bestellte Gemüse. Er hat auch für ihren Enkel etwas eingetopft, er wird es ihr am nächsten Tag bringen. Wir klettern in einen der Minibusse. Wortlos und selbstverständlich sortieren sich die anderen Fahrgäste wie in einem Rubikscube neu, um uns vieren – mein Bruder und meine Schwägerin sind zu Besuch – Platz zu machen. Jemand reicht dem Fahrer einen Beutel Gemüse durchs Fenster, gibt ihm Geld, er liefert es im Laufe der Fahrt irgendwo im Inneren der Insel ab. Er dreht eine, zwei Runden vor den Supermärkten, sammelt ein paar alte Damen ein und fährt sie nach Hause. Vor die Tür, egal, ob die jetzt auf seiner Route liegt oder nicht, kostet alles 3,50 EC – nur die Touristen zahlen extra für Extrawünsche. Irgendwie bekommen wir das Gefühl: Auf dieser Insel kennen sich die Menschen und sie kümmern sich umeinander.
Am ersten Tag ist unser Ziel der Hauptort der Insel, Hillsborough. Es ist Karnevalsdienstag und Umzug im Ort. Leider ist es unmöglich eine Uhrzeit dafür herauszufinden, selbst der Polizist sagt: „Anytime from now on…“
Nichts passiert.
Gut, ein paar kostümierte oder angemalte Gruppen springen auf der Straße herum. Manche schlagen mit Stöcken aufeinander ein – sie tragen Schutzschilde. Andere sind martialisch bemalt, ein Mann hält jedem eine lebende Schlange ins Gesicht, ein anderer zieht zwei knochige Kuhschädel hinter sich her: Der Sinn oder der Spaß daran entgeht uns. Später lesen wir, dass die Teilnehmer im hiesigen Karneval Shakespeare rezitieren, jeder Fehler wird mit Stockschlägen quittiert.
Nun gut – uns erinnert es an Perchtenaustreiben, und mit der Erkenntnis können wir wieder zufrieden zurück aufs Schiff. Karneval auf Carriacou kann man machen, muss man nicht. Aber vielleicht haben wir das Beste auch einfach versäumt. Wir Deutsch-Österreicher hätten halt gerne eine genaue Uhrzeit, nicht Caribean Flextime.
Am nächsten Tag fahren wir mit dem Bus nach Windwards. Der Ort ist berühmt für die Schiffe, die dort seit Generationen gebaut werden. Sie sind der Grund für die Carriacou Regatta, die hier im August stattfindet. Wieder erwarten wir … mehr.
Aber eigentlich wollen wir das Riff davor sehen, an der Atlantikseite gelegen. Wir würden gerne dort ankern und schnorcheln, doch der Wind ist zu stark. Das Wetter hier ist gerade ziemlich unbeständig, jede Nacht regnet es und es bläst in Böen mit über 30 Knoten, oft genug geht es auch tagsüber rauf. Nun gut – vom Land aus sieht es traumhaft aus! Genauso, wie wir uns die Karibik vorstellen! Immerhin, wir haben es gesehen!
Zum Wochenende lässt der Wind so weit nach, dass wir uns nach Sandy Island, das relativ offen liegt und nur gegen den Wind erreichbar ist, trauen. Wenn der Wind auf 15 Knoten runter geht, kommen wir der Insel näher, wenn er auf über 20 Knoten steigt, treiben wir ab, wir können den Motor ja nicht voll aufdrehen. Der Wind ist uns überwiegend hold, bald liegen wir fest an der Mooring.
Vor Sandy Island beginnt der karibische Traum: Sechs oder sieben Moorings liegen davor, es ist also relativ einsam, nur zwei sind besetzt. Von Paradise Beach und L’Esterre Bay kommen manchmal stundenweise Touristen rüber, aber nicht heute – der Wind ist immer noch verhältnismäßig stark. Doch das Wasser hat jenes unvergleichliche Blau, oder Türkis, für das die Karibik berühmt ist, all das vor einer sandigen, mit Palmen bewachsenen Insel. Fische springen aus dem Wasser, am Riff tummeln sich tausende Fische in allen Farben, sogar einen bunten Tintenfisch erblicke ich. Ich schwebe darüber, möchte gar nicht wieder zurück, so schön sind diese Fische, einfach so, völlig unabhängig davon, ob Menschen sie sehen oder nicht. Ich halte Hier und Jetzt die Erinnerung für die Ewigkeit fest: Nicht mit der Kamera, die fängt die Farben nicht, sondern mit meinem Herzen.
In Carriacou schleicht sich die Karibik hinein.
INFO Carriacou
Navigation Grenada – Carricaou Die Strecke hat ihre Tücken, vor allem im Nordostpassat. Der weht nämlich genau auf die Nase, außerdem versetzt noch ein Strom nach Westen. Die Kunst ist also, sich so weit wie möglich östlich zu halten, am besten entlang der grenadischen Küste bis Sauteurs fahren und von dort Kurs anlegen. Damit umfährt man auch die Sicherheitszone um den Unterwasservulkan Kick ‘em Jenny. Danach kann es jedoch immer noch sein, dass du einen guten, kräftigen Motor brauchst um in die Tyrell Bay zu kommen.
Navigation Carriacou – Grenada: Bei ruhigem Wetter kann man östlich von Grenada runterrauschen. Die Küste dort bietet keinerlei Schutz, die Bedingungen sollten also schon stimmen. Westlich ist allerdings wesentlich weniger ruppig.
In Carriacou soll die Ein/Ausreise in der Tyrell Bay am einfachsten sein. In der Marina dort gibt es Wasser und Treibstoff, außerdem einen Kran und eine kleine Werft. Haben wir aber alles nicht ausprobiert.
Einkaufen:
Rufus Vegetable Stand in der Tyrell Bay zwischen dem Lazy Turtle und der Lambi Queen hat die beste Auswahl an Obst und Gemüse auf beiden Inseln!
In der Tyrell Bay sind ein paar sogenannte Supermärkte, die dich vorm Verhungern und Verdursten retten. In Hillsborough gibt es Patti’s Deli auf der Hauptstraße. Dort gibt es echten Käse, Wurst und Schinken und auch einige andere Lebensmittel, die ein Mitteleuropäer als solche bezeichnet. Hat, wie alles in Grenada, seinen Preis.
Internet siehe Restaurants
Restaurants:
Lazy Turtle: Unsr Favorit. Der Hummer (preiswert), der Lionfish und die Pizza (teuer) sind köstlich, der Blick über die Bucht schön, das Bier kalt, das Personal nett und das Internet schnell, Dinghi Dock ist davor, gemütlich ist es auch. Was willst du mehr?
Slipways: Gleich neben der Marina Carriacou, ganz rechts in der Bucht. Ebenfalls sehr g’schmackig. Internet kostet eine Spende an den Childrens Fund, was ja durchaus sinnvoll ist. Ist leider nicht sehr schnell.
Lambi Queen: Gutes Internet, das schnellste ist allerdings in der Dominohütte daneben… Hatten immer nur Getränke.
Gallery Cafe: Dort gibt es Frühstück, sind immer viele Segler dort, wir waren aber nicht da.
Off the Hook: Gegenüber von Sandy Island. Sieht einladend aus, wir waren aber nicht dort.