Recife hat einen schlechten Ruf. Die Stadt gilt als gefährlich.
Nun gut, welche große Stadt nördlich von Sao Paulo gilt in Brasilien schon als sicher?
Recife gilt außerdem als das Venedig Brasiliens, weil es auf einer Insel liegt, von Wasser umgeben, mit Brücken verbunden. Damit hören die Gemeinsamkeiten schon auf und doch ist Recife auf seine Arte eine sehr reizvolle Stadt, in der du dich durchaus wohl und sicher fühlen kannst.
Zumindest am Sonntag. Da ist nämlich die gesamte Altstadt, das ehemalige Hafenviertel, für Autos gesperrt, Fußgänger und Fahrradfahrer haben freie Bahn. Wir schlendern von der Bushaltstelle direkt zum Marco Zero, jenem Platz, an dem Grundstein der Stadt von den Portugiesen gelegt wurde. Recife, der Name kommt von den vorgelagerten Riffen, Recife auf Portugiesisch, blieb jedoch bis zur Ankunft der Holländer ein Dorf in den Sümpfen. Diese legten die Sümpfe trocken, bauten einen Hafen und entwickelten den Ort zu einem Handelszentrum, das in der Folge Olinda den Rang ablief. (Dabei geholfen hat sicher auch, dass die Holländer Olinda in Brand steckten…)
Am Marco Zero herrscht reges Treiben: Eine Trommelgruppe wirbelt, Skateboarder üben ihre Kunststücke, Kinder fahren Go-Kart, Familien und Sportler sind mit dem Fahrrad unterwegs. Viele lassen sich von kleinen Bötchen auf den gegenüberliegenden Wellenbrecher bringen um zu den südlichen Stränden oder eine große Runde zu fahren.
Auch wir setzen über, wundern uns wieder über die Skulpturen von Francisco Brennand, die anlässlich der 500-Jahrfeier der Stadt dort aufgestellt wurden. Wir schlendern an einem der Yachtclubs und den Grundmauern eines historischen Badehauses vorbei Richtung Boa Viagem, einem der neuen, modernen Stadtviertel. Wir wundern uns desweitern über diverse Bausünden und fragen uns, warum Menschen unbedingt in Hochhäusern leben wollen. In der Ferne sehen wir noch einige Yachtclubs und eine Regatta der Optimisten, der jüngsten Segler – es sieht alles sehr einladend aus. Warum genau segelt niemand nach Recife?
Wir gehen zurück, setzen wieder über und erkunden das alte Hafenviertel. Denn ja, da wo sich heute die Mittelklasse aufwärts vergnügt, wurden einst Waren umgeschlagen, Freier betrogen und Matrosen angeheuert. Ist dir eigentlich schon mal aufgefallen, dass Heuer, Hure und hora/hour/(Stunde) den gleichen Wortstamm haben? Uhr auch?
In den Gassen hinter der Waterfront stehen einige wunderschöne alte Gebäude, die meisten renoviert. Sie erinnern uns an die großen alten Seebäder in Europa, an Abazia (Opatija) und Brighton. Die älteste Synagoge auf amerikanischen Boden befindet sich in einer dieser Gassen, leider ist sie geschlossen. Viel Spaß haben wir nebenan mit Elvis, David Bowie, Yoda, Darth Vader, dem Papst, Che und Frieda – alle überlebensgroße Karnevalspuppen. Davor wird der Nachmittagsmarkt aufgebaut, Kunsthandwerk und Handarbeiten werden feilgeboten.
In einer anderen Ecke des alten Viertels steht das alte Zollhaus, wunderschön renoviert. Innen drinnen befindet sich ein modernes, exklusives Shopping Center! Sehr nett. Daneben ist eine Kirche, hübsch für eine Hochzeit dekoriert und gegenüber gutes Graffiti, auf der anderen Seite eine unschöne moderne Bücherei und daneben ein abgewracktes, hässliches Parkhaus…
Es ist nicht die einzige Bausünde hier.
Mittlerweile sind meine Beine einigermaßen müde, die Erkundung des Viertels am anderen Ufer mit Kirchen und alten Regierungsgebäuden, entfällt. Stattdessen finden wir ein Plätzchen in einem der Restaurants in den alten Lagerhäusern. Downtown Pier heißt der Schuppen und gehört wohl Heineken. Tomy will erst nicht hin, denn Heineken ist in seinen Augen kein Bier. Stimmt. Es ist eine Brauerei, also gibt es dort auch Bavaria Bier. Und sehr leckeres Essen zu einem sehr anständigen Preis.
Ich mag Recife. Mir tut es schon am Abend, als ich noch einiges nachlese, Leid, dass wir nicht mehr Zeit und Energie hatten um das Museum Poço do Frevo, wo sich alles um den Karnevalstanz dreht, zu besuchen, oder eben die andere Seite oder den Torre: In Recife steht der einzige noch verbliebene Anlegemast der Zeppelins Hindenburg und Graf Zeppelin. In den dreißiger Jahren des letzten Jahrhunderts flogen diese direkt von Frankfurt nach Recife!
Fazit unserer drei Tage in Olinda und Recife:
Prädikat erlebenswert.
Fahrt hin.
Segelt hin.
INFO Recife
Anfahrt öffentlich von Olinda mit dem Bus nach Casa Cajada. Die Altstadt ist erkenntlich, trotzdem zur Sicherheit den Schaffner nach der richtigen Haltestelle fragen. Rückfahrt nach Rio Doce oder fragen „Passa Olinda?“
Museen sind montags geschlossen
Sonntags ist die Altstadt um den ehemaligen Hafen für Autos gesperrt.
Es gibt viel zu sehen in Recife: Die Altstadt, das Frevo Museum, den Torre, die Strände, die beiden Brennand Museen, die Synagoge, den Handwerksmarkt am Sonntag, die Kunsthandwerkshalle in einer Hafenlagerhalle, Shopping, viele Restaurants und Bars…
Plane mindestens zwei, besser drei Tage ein – und einen für Olinda!
Wenn du Segler bist – ich würde heute wenigstens für ein paar Tage Recife anlaufen!
Dieser Beitrag ist einer von dreien, in denen ich von Recife, den Museen Brennand und Olinda berichte. Sie entstanden außerdem im Rahmen unseres Aufenthaltes in Jacare und Joao Pessoa.