Nach dem Mittagessen bedient sich Felix, unser Fahrer, großzügig aus der Tüte mit den Kokablättern. Wie eine Kuh stopft er sie sich in den Mund. Kurze Zeit später wird er richtig wach: Er gibt Gas, lässt alle anderen Fahrer hinter sich und fährt vorzugsweise Off-Road.
Nicht, dass die Straße etwas mit einer solchen gemeinsam hätte…
Wir starten die typische Salar de Uyuni Tour von Tupiza aus, weil andere Reisende uns dazu geraten haben: Die Tour wäre umfangreicher, die Jeeps besser und die Fahrer nicht betrunken. Außerdem baut sie auf, der Höhepunkt, der Salar de Uyuni, kommt zum Schluss. Und Tupiza ist auch netter als Uyuni.
Um acht Uhr morgens geht es vor unserm Hostel los. Wir sind zu sechst in dem Jeep: ein junges britisches Pärchen im Gap-Year zwischen Uni und Arbeit, Tomy und ich, Lidia, die Köchin und Felix, der Fahrer. Gleich hinter Tupiza hört die asphaltierte Straße auf, wir folgen einer Lehmpiste hinauf in die Berge. Oben dann der erste Höhepunkt: Der Blick hinunter auf eine von Erosion geschaffene rot-braune Mondlandschaft. Felix versichert uns, dass es des nachts hier Pumas gebe… Von wegen nur am Amazonas!
Nach jedem durchquerten ausgetrockneten Flussbett – und es sind einige – öffnet Felix die Fahrertür und blickt prüfend nach hinten. Schließlich wird es ihm zu bunt: Wir haben einen platten Reifen und der wird erst mal gewechselt. Außer einem Ersatzreifen führen wir auch Werkzeug, extra Benzin, eine Gasflasche, Teller und Tassen und jede Menge Nahrungsmittel mit uns, das meiste davon neben unseren Rucksäcken am Dach.
Später erfahren wir, dass die Jeeps meist einem Geldgeber gehören, der sie den Fahrern zur Verfügung stellt, welcher dann für einen Touranbieter fährt. Der Jeep ist also Felix‘ Einkommen, dementsprechend pflegt er ihn auch. Jeden Abend, oft liegen wir schon im Bett, pflegen er und sein Kollege, mit dem wir gemeinsam unterwegs sind, ihre Autos. Viel länger als zwei, drei Jahre halten sie die Beanspruchung und das Salz trotzdem nicht aus.
Bald geht die Fahrt weiter, mal durch ein grünes Tal, in dem Lamas weiden, dann wieder über karge Höhen, auf denen auch Lamas weiden. Hie und da stieben zwei oder drei Nandus, Strauß ähnliche, in Südamerika heimische Vögel, davon. Und dann weiden da wieder die mit bunter Wolle geschmückten Lamas, unzählige!
Die Berge ruhen wellig und sanft links und rechts von uns, bedeckt von borstigem Gras. Mir kommen sie wie die Rippen der schlafenden Mutter Erde vor. Mich wundert es nicht, dass die Menschen in dieser Abgeschiedenheit ein besonderes Verhältnis zu Pachamama, Mutter Erde entwickelt haben: Ich habe das Bedürfnis sie zu streicheln und warte darauf, dass sich ihre hügelige Brust im Rhythmus ihres Atems heben und senken.
Aber natürlich tut sie nichts dergleichen.
Unser Mittagessen nehmen wir in einem Adobedorf in einer Art Garage ein.
Danach kann Felix nicht mehr in den ersten Gang schalten, etwas blöd, denn es geht ziemlich bergauf und bergab. Wir erreichen eine alte spanische Goldgräberstadt, Klein Machu Picchu genannt. Die Stadt ist zwar genauso verfallen, aber nicht annähernd so alt. Einst standen hier 23 oder 24 Kirchen, jede Woche wurden wenigsten zwei Hochzeiten gehalten. Doch die Korruption blühte, die Gläubigen flehten Gott um Hilfe an. Der sandte eine Frau – und hier wird die Sache unklar. Jedenfalls war das das Ende der Stadt. Heute leben nur diese hasenartigen Wesen, vermutlich Chinchillas, dort.
Während wir durch die Ruinen geistern, sind die Fahrer sämtlicher Touranbieter, insgesamt acht, damit beschäftigt, das Getriebe unseres Jeeps wieder in Ordnung zu bringen. Keiner von ihnen fährt weiter, bevor wir nicht wieder fit sind. Danach nehmen sie uns in die Mitte, bis unser Fahrer sicher ist, dass alles wieder in Ordnung ist.
Dann greift er zu den Kokablättern…
Und überholt alle. Das hat den Vorteil, dass wir als erstes an der Unterkunft sind und uns unser Zimmer, das wir mit unseren Mitreisenden Ben und Toni teilen, aussuchen können. Nicht dass es da viel Wahl gäbe: In jedem Raum stehen vier bis fünf Betonsockel, auf denen eine Matratze und eine dicke Decke samt Kopfkissen liegen. Sonst ist nichts in dem schmucklosen Raum. Das Fenster führt in den ebenso spartanischen Essraum, es gibt zwei Toiletten – Klopapier ist selbst mitzubringen – und eine Dusche, die keiner benutzen mag. Es ist mehr als einfach, erfüllt aber seinen Zweck. Lidias Abendessen, heiße Suppe und Gemüsefleisch-Frikadellen, tut uns allen gut.
Und dann heißt es, sich warm anzuziehen für den Höhepunkt des Tages, ja vielleicht des Jahres:
Der Sternenhimmel mit Milchstraße, anderen sichtbaren Galaxien und Millionen von Sternen!
Das, was hier oben in der sauberen und trockenen Luft an Sternen sichtbar ist, ist für uns Tieflandbewohner einfach unvorstellbar. Nicht mal der Sternenhimmel durchs Fernglas auf See gesehen gibt auch nur annähernd einen Eindruck davon – dazu ist die Luft dort zu feucht.
Diesen Sternenhimmel werde ich nie vergessen! Dieser Anblick alleine lohnt die Tour! Wobei fast jede Minute dieses Tages eindrucksvoll war!
INFO
SALAR DE UYUNI
Beste Reisezeit: Vermutlich September bis Oktober, nach dem eisigen Winter und vor der Regenzeit, wenn die Flamingos wieder da sind.
Uns wurde mehrfach gesagt, dass die Touren von Tupiza besser und schöner seien, als die von Uyuni aus. Es gibt Touren von einen bis zu fünf Tagen Länge, die längeren schließen auch Vulkanbesteigungen ein. Drei Tage ist ein guter Kompromiss. Wer nur den Salar besucht, versäumt das Beeindruckenste. Die Quartiere sind sehr einfach, es soll allerdings auch bessere geben, das ist eine Preisfrage (nur von Uyuni aus). Wer mag, kann auch auf einem Motorbike die Tour machen. Je nach Geldbeutel ist einiges möglich!
TIPP: Vor allem im Winter (Mai bis Oktober) kann es nachts extrem kalt werden, dann reichen die Decken in der Unterkünften eventuell nicht und ihr braucht einen Schlafsack.
Touranbieter in Tupiza: Torretours
In Uyuni hat uns Tomys Neffe Red Planet empfohlen
Übernachten und Essen: Sowohl Uyuni als auch Tupiza sind reine Uyuni-Tour Orte, ausgerichtet auf junges Backpackerpublikum: Einfache Unterkünfte und Pizza!
TIPP: Überlegt auch vorher, welche Fotos ihr machen wollt! Bei den Touranbietern und im Internet gibt es ja viele Anregungen. Und zieht alte Klamotten an, ihr liegt dabei im feuchten Salz! Auf den Schatten achten, wenn der stimmt, wirken die Fotos noch „echter“. Generell ist eine Kamera mit altmodischen Sucher besser, auf den Displays lässt sich die genaue Position der Personen kaum feststellen.
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