Segeln mit Yemanja

Praia de Algodões

Praia dos Algodoes

Strand ist, wo die Wellen des Atlantiks Bahias Land ununterbrochen – mal wild und fordernd, mal sanft und zärtlich – zum Spielen auffordern. Sand ist dort, ein paar Riffe, bei Ebbe Becken zum Baden, Wellen zum Surfen, manchmal ein Ort oder eine Stadt, manchmal ein paar Barracas und kilometerlange Einsamkeit. Nur eines ist dort praktisch nicht: Ein sicherer Ankerplatz, der es der segelnden Besatzung erlaubte, sich den Freuden des Strandlebens hinzugeben, mit den heranrollenden Wellen zu ringen, stundenlang am einsamen Strand spazieren zu gehen oder in einer Strandbar Bahias Gaumenfreuden zu kosten.

Und doch gibt es einen solchen Platz: Hinter der dritten Ratteninsel in der Buch von Camamu. Also im Fluss Maraú, wo keine Wellen und kaum Wind hinkommen. Ein kleines Abenteuer ist der Weg zum Meer dann doch noch.

Die Crew der SIMARIL, Blanca und wir verlassen den Ankerplatz vor Blancas Heim gegen acht Uhr morgens, um zwischen der kleinsten Ilha dos Ratos und den Mangroven zu ankern. Dort steigen wir ins Dinghi um und rudern in den kleinen Seitenarm des Maraú. Davon gehen wieder zwei Seitenarme ab, wobei der erste kaum zu erkennen ist. Ohne Blanca hätten wir den zweiten als ersten gezählt und somit die Einfahrt lange gesucht. Wir binden die Dinghis bei den Überresten eines alten Piers fest und stapfen durch das Wasser über die Wurzeln der Mangroven durch den Sumpf an Land. Von dort führen Fußstapfen durch die Mangroven und drei Sandfelder zu bewirtschafteten Land. Zwei Familien leben dort, unter einfachsten, aber nicht unbedingt armen Bedingungen: Es reicht für ein Auto und hübsche Kleidung fürs Baby.

Wir lassen die Ruder bei Judácios Familie im zweiten Haus. Er kam aus einer der wenig fruchtbaren Gegenden Brasiliens, arbeitete erst bei der ersten Fazenda und legte nach und nach eine kleine Plantage hinter deren Land an. Die bewirtschaftet er schon seit über 10 Jahren, und wenn ich alles richtig verstanden habe, heißt das, dass das Land dann ihm gehört. Er baute ein Haus, verlor seine erste Frau, heiratete eine jüngere, wurde Vater einer süßen kleinen Tochter, baute und pflegte weiterhin. Wir schätzen ihn auf 60+ und liegen -20 Jahre daneben.

Hinter Judácios Land liegt die Staubpiste, die die abgelegenen Orte auf der Halbinsel mit dem Rest der Welt verbindet. Ihr folgen wir bis zum Abzweig zum Praia do Algodões. Nochmal nach links und schon blinkt das Meer durch rote Schirme und grüne Palmen sein Willkommen.

Vor uns liegt einer der schönsten Strände Bahias: einsam, mit relativ sanften Brechern, die kaum den Sand aufwirbeln. Wir können schon bald bis zum Grund sehen.

Blanca führt uns zur Barraca eines Spaniers, der uns mit Tapas und Paella aus der Heimat verwöhnt. Später wandern wir am Strand entlang, Blanca sucht das Haus von Freunden. Diese heißen uns herzlich willkommen, der Hausherr freut sich, dass er mit seiner Cachaça Sammlung Patrick beeindrucken kann. Sein „Alcologio“ beeindruckt mich auch: Außerhalb eines Spirituosenladens habe ich noch nie so eine Auswahl von Hochprozentigem gesehen!

Blanca genießt offensichtlich die Gesellschaft, doch Tomy und ich haben die Uhr und den Sonnenstand im Blick, die Tide im Kopf: Wir müssen durch den Sumpf zu unserem Dinghi, dieses vermutlich noch ein paar Meter tragen – ich will das bei gutem Licht tun. Die Krebse fliehen vor mir, das weiß ich, doch zu oft bin ich schon bis zu den Knien im Sumpf versunken! Wenn ich sehe, wohin ich trete kann ich das vielleicht vermeiden.

Wir verabschieden uns, erreichen das Dinghi in der beginnenden Dämmerung. Langsam gleiten wir durch die Mangroven: Vor uns huschen Krebse lautlos, unberechenbar und blitzschnell, wie es Spinnen eben tun, davon. Manche sind kaum größer als eine Kreuzspinne, manche so größer als eine Vogelspinne. Es muss Millionen hier geben, ach quatsch, die Anzahl der Krebse in den Mangroven um uns herum muss die menschliche Weltbevölkerung bei weitem übersteigen!

Wir erreichen YEMANJA kurz nach Sonnenuntergang. Der Himmel belohnt den frühen Aufbruch mit einem tiefen Griff in die Farbtöpfe: Lila, rosa, orange, rot, in der Farbe der reifen Aprikosen hinterlässt die Sonne den Himmel hinter SIMARIL.

Kann ich diesem Himmel Worte hinzufügen?

 

INFO: Ankerplatz hinter der 3. Ilha dos Ratos (weit drum herum fahren) oder vor dem Seitenarm. Wegbeschreibung zum Strand demnächst unter Infos, Downloads oder in der Sidebar.

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