Was macht ein gutes Museum aus? Die Ausstellungsstücke? Die Präsentation? In dem Haus, in dem Jorge Amado und seine Frau Zélia Gattai wohnten hast du die Qual der Wahl!
Jorge Amado, dem bekanntesten Autor Brasiliens, lagen die Kleinen, die Armen und Unterdrückten zeitlebens am Herzen. Als Mitglied der Kommunistischen Partei Brasiliens verbrachte er viele Jahre im Exil in Uruguay, Argentinien, Paris und Prag. Er und seine Frau reisten auch sehr viel, waren in Moskau, Indien, den USA, in China, in Rangun und in vielen anderen Städten und Ländern, zu einer Zeit, als das Reisen noch echt beschwerlich war. Er kannte die Größen seiner Zeit, nicht nur die seiner Heimat: Oskar Niemeyer, Pierre Verger, Caribé. Picasso war sein Freund, beider Töchter heißen Paloma, er bekam Post von Yoko Ono, Mitterand und vielen anderen. All diese Künstler hinterließen Spuren in seinem Heim.
Seine Bücher leben von der Vitalität Bahias, den kleinen Leuten, in ihnen klingen die Trommeln des Candomblé, darin tanzen die sinnlichen Frauen Bahias, durch sie zieht der Duft des Dendé-Öls, die Schärfe des Pimentas, sie sind getragen von Leid und Freud, von der Bauernschläue der einfachen Menschen.
Seit 1963 lebte er mit seiner Frau, der Fotografin und Autorin Zélia Gattai in der Rua Alagoinhas in Rio Vermelho. Dort ist ihre Asche unter einem alten Baum begraben, dort wohnt immer noch sein Geist, sein Zauber, eingefangen mit den modernsten Mitteln, die ein Museum zu bieten hat:
In alten Schubladen liegen Briefe, in Vitrinen stehen die Mitbringsel aus aller Welt, ein ganzes Zimmer ist voll seiner Bücher, hinter der Küche verrät Dadá, die berühmteste Köchin Bahias in einem Video ihre Rezepte, in Filmen lesen Sonia Braga (Schauspielerin), Daniela Mercury, Ivete Sangalo (Sängerinnen) und viele andere brasilianische Stars aus seinen Büchern, Illustrationen daraus werden im Schlafzimmer auf die weiße Bettdecke als Leinwand geworfen. Und an den Wänden hängen die Picassos! Im Gartenpavillon erzählt Mae Stella im Video vom Candomblé, im dem die afrikanischen Gottheiten oder Orixas, oft die Personifizierung von Naturkräften, mit katholischen Heiligen getarnt werden.
Oxóssi oder São Jorge, Georg der Drachentöter, und Yemanjá, Maria, die beiden Orixas, mit denen sich Jorge und Zélia identifizierten, zieren das ganze Haus, als Statuen oder als Bilder auf Fliesen und Wänden. Exu, der Bote zwischen Menschen und Orixás, steht im Garten und bewacht das Haus.
Wer Bahia verstehen will, muss Jorge Amados Bücher lesen, muss sich um den Candomblé bemühen.
Leider wird er von den modernen evangelikalen Kirchen in Brasilien, die immer mehr Einfluss und nicht immer zum Besten gewinnen, verteufelt. Vor Jahren waren die Opfergaben noch an vielen Kreuzungen zu sehen, heute nur mehr selten.
In Jorge Amados ehemaliges Heim bleibt er lebendig. Und so vieles andere mehr – die Geschichte des Landes, der Geruch, die Künstler…
Hingehen und Anschauen. Und vorher lesen, lesen, lesen…
PS: Zieht lange Hosen an und bedeckt euch mit Mückenspray – im Garten stechen gerne jene Mücken, die Dengue übertragen könnten. Wie übrigens überall in Salvador, wo es feuchten Schatten gibt!