Gemeinsam mit Tom machen wir uns von Itaparica aus auf den Weg in den Norden der Ilha dos Frades. Dort soll es einen schönen Ankerplatz in einer Lagune geben. Thomas und Anja von der Robusta wollen auch kommen.
Grün ist sie, die Insel der Jesuiten, voller Kokosnusspalmen, Atlantischen Regenwald, Mangroven und vorgelagerten Sandbänken. Im ihrem Norden liegt die Ilha do Bom Jesus, mit ihren bunten Häuschen, dahinter die Petrochemie. Noch bevor wir uns an ihr stören können, biegen wir nach rechts in die Lagune. Kleine Inseln liegen in ihr, mit Mangroven bewachsen, eine mit einem neuen Hotel, das aus irgendeinem Grund noch nicht geöffnet ist (Später stellt sich heraus, dass es eine private Residenz ist). Sieht alles nach wohlhabenden Menschen aus! Und doch ist da jede Menge Natur! Schön ist es hier!
Gegenüber von unserem Ankerplatz wird ein Saveiro entladen. Mit diesen alten, breiten Kähnen werden immer noch Lasten in der Bucht transportiert: Mit ihren riesigen Segeln an einem natürlich gewachsenen Stamm sind sie unglaublich schnell, durch ihren geringen Tiefgang kommen sie auch über die Sandbänke.
Es ist schon fast irreal: Mit dieser Art Boot fuhren wohl schon die Indios in der Bucht, lange bevor die Portugiesen kamen. Wenige Kilometer dahinter liegt die Raffinerie, wo modernster Treibstoff hergestellt wird…
Gemeinsam mit Tom machen wir uns auf, die Ilha do Bom Jesus zu erkunden. Einladend sah sie schon von weitem aus, doch erst mal finden wir keinen Platz zum Anlanden. Die große, neue Steganlange uns gegenüber führt auf ein verwahrlostes Privatgrundstück, aus dem kein Entkommen ist. Also fahren wir mit dem Dinghi durch die Mangroven um die Insel herum: Boote aller Arten, Einbäume, Fischerboote, Motorboote, kleine Schoner und Lanchas liegen vor fast jedem Haus. Viele Häuser stehen auf Stelzen im Wasser, mit privaten Stegen oder Bojen davor, doch überall sind Tore, Mauern und Türen, keine Öffnung für uns. Ein junger Mann auf einem kleinen Lancha winkt uns überschwänglich, grüßt mit Daumen hoch. Er freut sich offensichtlich, uns zu sehen und deutet uns an, dass wir um die Ecke fahren sollen. Auch dort ist eine Mauer, vor einer Gschtetten, Wiese mit Baustelle, da sollen wir das Dinghi lassen können?
Doch schon wird uns wieder gewunken, drei Männer vor einer überdachten Kühltruhe geben uns zu verstehen, dass wir hier festmachen können. Sie nehmen die Leine entgegen, zeigen uns den besten Platz zum Festmachen. Klar, dass wir dort ein Bier trinken!
Die zwei Gäste sind nicht mehr Herr ihrer Zunge, doch sie beteuern, dass dies hier das zweite Paradies ist, alles ehrliche Leute hier, wir bräuchten keine Sorge zu haben. Das strahlende, offene Lächeln des jungen Wirtes, der alles auch noch in verständlichem Portugiesisch wiederholt, tut sein Übriges.
Die Dorfkinder gesellen sich zu uns, blicken begehrlich zum Dinghi. Wir sehen es schon von ihnen okkupiert, doch die drei Männer versichern uns, dass sie darauf aufpassen werden.
Bezahlen lassen sie uns auch nicht. Wir wären selbstverständlich eingeladen.
Die Dorfstraße ist neu gepflastert. Am Platz spielen die Kinder Fußball. Wir werden neugierig beäugt. Vor den Häusern sitzen die Alten, so wie überall auf der Welt, und schauen, wer da vorbeigeht. Alle grüßen mit diesem hinreißenden baianischen Lächeln – als ob die Sonne aufginge! Wie ich es liebe!
Ein Wurf Welpen spielt im Staub, wir können gerne einen mitnehmen, sagen die Nachbarn. Diesen Augen widerstehen!
Aber nein, weder Tom noch wir können einen Hund an Bord brauchen!
Die nächste Überraschung wartet neben der Kirche: Dieser Ort hat eine Philharmonie! Und das seit über 100 Jahren! Mir bleibt der Mund offen stehen…
Derweil entdecken die Männer die Robusta: Sie kommt hart am Wind von Salvador herübergesegelt, motoren kann sie ja nicht, der Motor ist kaputt.
Um die Ecke spielen ein paar Männer lautstark Domino auf der Straße vor der Kneipe. Die Frauen sitzen am Tisch daneben, wieder grüßen alle freudestrahlend und mit dem Daumen nach oben. Carne do Sol hat der Wirt nicht, aber Carne Seca aus dem Sertão, mit Puree de Aipim. Auch gut! Flugs wird ein Tisch für uns freigemacht, kaltes Bier gebracht und bald auch schon eine Schüssel mit Essen und drei Teller. ‘Nen Stern würde ich dem Koch nicht dafür geben, doch es ist schmackhaft, spottbillig und wir fühlen uns willkommen und wohl. Derweil walken Frauen ihre abendliche Runde, Väter tragen ihre Kinder herum, Pärchen bummeln Hand in Hand vorbei – so gut wie alle lächeln uns an.
Wieder haben wir Wunderbares gefunden, ohne zu suchen – Serendipity!
Und alle drei vereint, Cariad, Robusta und Yemanja, sind wir auch wieder.
Danke!