Segeln mit Yemanja

Atlantic Crossing Tag 15 und 16

Wir entwickeln uns zu einem Vogeltransporter:

Vorletzte Nacht suchten gleich drei schwarze Voegel Zuflucht auf dem Verdeck, der Reeling und dem Aussenborder des Dinghis. Immer wieder haben wir davon gelesen, dass Voegel das gelegentlich tun, dennoch klang es immer so,  als waeren Voegel unterwegs die Ausnahme – dabei verging noch kein Tag ohne sie:
Einzelne grosse weisse Moewen-aehnliche Voegel segeln immer wieder ueber uns hinweg, mit gelblichem Kopf und tuerkisem Schnabel. Sie tauchen ins Meer, jagen Fische. See- oder Sturmschwalben tanzen  knapp ueber den Wellen auf der Suche nach – ja was? Die schwarzen Voegel kommen oft zu mehreren. Vielleicht gibt es auch noch andere Arten, so genau koennen wir sie nicht unterscheiden.

Ein Vogel, besser zwei, wohnt definitiv noch bei uns: Zwei wundershoene blaugruene Papageien sitzen auf den Schultern meines Skippers und seiner Seemannsbraut. Anders als mit einem profundem Vogel koennen wir uns beide im Moment nicht erklaeren, was Menschen – uns –  auf die Idee bringt tagelang, ja wochenlang mit einem Schinakl uebers offene Meer zu schippern, immer schlingernd, immer in Bewegung, meist so laut, dass jeder Gesundheitsapostel angehoerigst der Dezibel eine Panikattacke bekommen wuerde.

Ach so, ihr wisst nicht, was ein Schinakl ist? Urspruenglich ein kleines, wackeliges Boot, mit dem ungarische Fischer ueber den Balaton fuhren, im oesterreichisch-bayrischen Sprachraum jedes kleines Boot und auf jedem Fall solche, die nicht besonders vertrauenserweckend sind. Also fuer jemanden, der Angst vorm Wasser hat, jedes, sogar unsere solide Yemanja. (Christine R. Ich seh’ dich grinsen).

Wir haben unseren moralischen Tiefpunkt: Noch sechs, sieben Tage bis Salvador! Nimmt das denn gar kein Ende? Immer nur Wasser, Wolken und Sterne! Immer irgendwo festkrallen und trotzdem ueberall blaue Flecken haben. Schwitzen wie eine Quelle – aus allen Poren dringt Wasser.

Meine Faehigkeit, im Hier-und Jetzt zu geniessen, schwindet – in Gedanken bin ich am Strand, unter Palmen, hab ein kaltes Bier und dazu koestliches Picanha! Und meine Freunde!
Oder ich bin bei meinen Kindern, beim Brautkleid aendern, beim Engelchen schaukeln, beim Grillen und mit ihnen lachen und quatschen.

Dabei  haben wir es noch gut: Yemanja stampft sich auf Anwindkurs nicht in den Wellen fest, wie Sailor Moon, sie huepft auch nicht drueber, wie Robusta, nein, sie surft mit ueber 7 Knoten auf ihnen. Unser Etmal ist knapp doppelt so schnell, wie unser schlechtestes von 75 Seemeilen.

Mit der Geschwindigkeit kommt Hoffnung auf – vielleicht, vielleicht schaffen wir es bis…

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