Wisst ihr, was ich am Langfahrt-Segeln mag?
Die anderen Segler. Und die, die sie begleiten.
Die Offenheit, mit der wir einander begegnen, das Vertrauen, das wir einander entgegenbringen, die Selbstverständlichkeit, mit der wir einander helfen. Alle geben, alle nehmen. So stelle ich mir Leben im Paradies vor!
Ja, vieles ist oberflächlich – und doch hatten wir unterwegs schon Gespräche, die tiefer gingen, als ich sie mir mit jemanden, den ich gut kenne, vorstellen kann – bis unter die Knochenhaut!
Im Grunde kenne ich das von unseren Auslandsaufenthalten: Wir Frauen im International Women’S Club St. Petersburg oder in der American Society of Bahia wussten immer, dass wir ohne einander nicht in der Fremde überleben können: So war immer jede willkommen, half jede jeder, ob sie sie kannte oder nicht, mochte oder nicht: Der Tag oder die Nacht, in der frau selbst jemanden brauchte, war nie fern!
Vier Crews und Milan und Ilse, die Trans-Ocean Stützpunktleiter hier in Mindelo, sind es, die mich diesmal begeistern:
Thomas oder Tom von der Cariad lernte ich über Facebook und die Gruppe Langfahrtsegeln kennen: Ich postete dort etwas und er antwortete, dass er uns gegenüber in La Palma liegt. Hier in Mindelo war er es, der uns nach langer Überfahrt in Empfang nahm. Bei ihm an Bord ist Charlotta, eine junge Schwedin, die in einem seegängigen Ruderboot von Teneriffa in die Karibik wollte. Sie wurde so seekrank, dass sie nach 14 Tagen abgeborgen werden musste. Thomas segelte 150 Meilen gegen den Wind zurück und brachte sie sicher nach Mindelo.
Anja und Thomas von der Robusta kannten wir von deren Blog, den wir hie und da verfolgten. Die beiden Schweizer sorgen mit ihrem trockenen Humor und einmaligen Akzent immer wieder für Erheiterung.
Das junge Pärchen Jaqueline und Mischa von der Sailor Moon kommt aus Österreich, Mischa aus meinem Nachbarort. Sie sind wunderbar unschuldig und unbedarft – Trimmen? Wozu? Ist doch schön so auf dem Meer zu schwimmen und ein wenig Halma zu spielen!
Milan und Ilse von der Fleumel sind die Seele der Gruppe, der Kitt, diejenigen, die alles dafür tun, dass die Segler sich in Mindelo und den Kap Verden wohl fühlen: Milan liebt die Kap Verden, diese Inseln, seine Ilse und seine Kinder. Er setzt sich auf seiner Website, beim Trans-Ocean und persönlich vor Ort immer wieder und mit viel Herzblut für uns Segler und die Kap Verden ein.
Heute treffen wir uns alle im Fishing Club. Es ist Karnevalssonntag, der Fahrer des zweiten Autos sagt ab. Milan organisiert ein anderes, ohne Fahrer.
„Wer fährt?“ Er hält den Schlüssel in die Luft.
Tomy. Er neigt zwar dazu, zu schnell zu fahren, doch nie ohne Papiere. Heute macht er bei beidem eine Ausnahme.
Erst geht es hinauf auf dem Monte Gordo, von dem aus wir den Blick über die Bucht von Mindelo und Baia das Gatas schweifen lassen. Dort haben die Wohlhabenden ihre Ferien- und Wochenendhäuser. Man kann dort ruhig und sicher vor den Wellen baden. An der Ostseite der Insel liegt ein fruchtbares Tal in einem trockenen Flussbett: Der Tau, der sich oben am Berg aus den Wolken absetzt, rieselt langsam in die Tiefe, trifft auf Wasserundurchlässige Schichten. Windmühlen pumpen es aus den Brunnen in hochmoderne Tröpfchenbewässerung. Die war uns schon auf Santo Antao aufgefallen. Thomas, der neue Trans-Ocean Stützpunkleiter auf Mindelo, hat sie auf den Kap Verden eingeführt, er berät mittlerweile die Regierung in Sachen Bewässerung.
Uns freut es, dass es hier noch glückliche Schweine gibt!
Wir rumpeln weiter über das Kopfsteinpflaster – der wahre Grund, warum Tomy langsam fährt – vorbei am Friedhof, am Golfplatz nach Sao Pedro im Süden. Trotz gutem Hotel dort ist der Strand praktisch menschenleer, nur ein paar Surfer flitzen über das ruhige Wasser. Das junge Volk geht schwimmen, ich bin einfach nur froh, dass mir gerade nicht kalt ist.
Tom ist jetzt richtig ausgehungert, seit dem Morgen scheucht er uns immer wieder mit dem Hinweis auf seinen knurrenden Magen weiter. Wir gehen zu Sto Andre, dem alten Schweden gegenüber dem Hotel. Ihm gehört das beste Restaurant auf Sao Vincente. Doch Qualität allein ist es nicht, das diesen Ort auszeichnet, nein das sind die drei S: Sorge, Service und Spaß!
Andre, der Inhaber sorgt für seine Leute, beteiligt sie am Umsatz. Somit sind die Mädels freundlich, flott und gut drauf, sie lachen und scherzen mit uns, setzen uns Karnevalshüte auf, alle haben Spaß! Zum Schluss gibt es für Tom endlich die langersehnte Eisbombe: Milcheis mit Ingwer, Kroquant und Papayamarmelde. Oder so ähnlich! Selbst ich hätte dafür schwach werden können – und ich mag kein Eis (Solltet ihr den Blog schon länger folgen, werdet ihr ahnen warum: Es ist zu kalt!)
Die Reste des sonntäglichen Festes landet in großen silbernen Schüsseln vor den Mäulern der Strandhunde…
Wir schnuppern noch ein wenig Karneval, bewundern einen tollen Sonnenuntergang, dann fallen wir müde ins Bett – Danke Milan, danke euch allen, für den schönen Tag!
PS: Karneval kommt extra!