El Teide, Teneriffa von La Gomera aus gesehen
El Teide, Teneriffa von La Gomera aus gesehen

La Gomera

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Stell dir vor, du würdest mit einem Heißluftballon über La Gomera fliegen. Ja, klar, du könntest auch ein Flugzeug nehmen, wäre aber längst nicht so romantisch. Also du stehst in diesem Korb unter dem Ballon und schaust in die Tiefe und erblickst –

Eine gigantische, leicht plattgedrückte und terrassierte Zitronenpresse!

An ihrer Spitze, dem Gipfel Garajonay, wird das Wasser aus den Passatwolken gepresst, Nebelwald heißt die Vegetation drum herum. Lorbeerbäume, Baumheiden, bewachsen mit Moos und meterlangen Flechten verzaubern den Wald. Auch Mitteleuropa war mal von diesen Wäldern bedeckt, doch sie überlebten dort nicht die letzte Eiszeit, auf Madeira und La Gomera schon. Ich könnte hier jetzt ein Foto vom Elfenwald in Rabacal auf Madeira einfügen und kein Mensch tät’s merken…

La Gomera

Blick über den Nebelwald auf den Teide

Dir aber, da oben unterm Ballon stechen die schwarzen Baumgerippe südlich vom Garajonay ins Auge. Traurig ist das schon, wenn 12km² Weltnaturerbe einfach so verbrennen. Doch wir sehen so mehr. Der Brand schlug nicht über den Grat, sodass nördlich der Straße der Wald immer noch wie in Urzeiten gedeiht.

La Gomera

Burned Forest on top of Garajonay

So, und jetzt habe ich dich angeschwindelt. Du da oben in deinem Ballon siehst nichts als Nebel!

Wenn du etwas tiefer gehst, bemerkst du, wie der stürmische Wind die Wolken über die Grate fetzt. Nicht nur dir da oben ist eisig kalt, auch den Menschen, die hier wandern oder einen Blick auf die tiefen, zerklüfteten Einschnitte werfen wollen.

La Gomera

Fog over La Gomera

Also gehst du tiefer, landest am Strand von Valle Gran Rei: Dort wirft dich die Wärme um! Kinder plantschen im Atlantik, die älteren Herrschaften suchen verzweifelt den Schatten vor einem Kaffeehaus mit hausgemachten, deutschen Torten oder einer Bar mit kühlem Bier. Tropische Pflanzen wachsen in den Gärten oder schmücken in allerlei Gefäßen liebevoll die Treppen und Höfe.

LaGomera (10)

Aber halt, da waren doch noch die Schluchten mit ihren Terrassen.

La Gomera

Valle Gran Rei

Es sind diese Terrassen, die mich bezaubern (Du kannst jetzt im Schatten oder vorm Kamin weiterlesen): Sie schmiegen und winden sich die Hänge hinauf und hinunter, gaben wohl einst dem Zuckerrohr Halt und Wasser, heute sind sie fast alle sich selbst überlassen. Doch das Seltsame daran ist: Sie sind nicht wie in La Palma von Schlinggewächsen oder Kakteen wild überwuchert, sie wirken kultiviert:

Manche erinnern an Reisfelder, in anderen wachsen Agaven, Aeonium, Margeriten oder kleine Drachenbäume. Dazwischen wachsen Palmen, einzeln oder in Gruppen. An anderen Stellen übernehmen nach und nach die Lorbeerbäume und Heiden. In den wenigen, die noch kultiviert werden, gedeihen Bananen oder Wein, seltener, im Hausgarten, auch Gemüse oder Obst.

La Gomera

Terrassen

Mir haben es auch diese kleinen Drachenbäume angetan, die im Osten über San Sebastian gemeinsam mit Agaven und Margeriten die fast kahlen Hänge bedecken. Sagen wir so: Sie sehen aus wie kleine Drachenbäume, sind aber keine, weil es keine strauchartigen Drachenbäume gibt. Sagt Wikipedia. Vermutlich sind es Kleinien.

Kleinie

Kleinie

Ist schon verrückt, diese menschliche Angewohnheit, vor Allem die der Naturwissenschaftler, alles mit einem Namen und einem Etikett zu versehen und dann in eine Schublade zu stecken. Frei davon bin ich auch nicht, ich will unbedingt wissen, wie diese farnartigen Löwenzahnsträucher heißen…

strauchartiger Löwenzahn  oder Gänsedistel

strauchartiger Löwenzahn oder Gänsedistel

Gänsedisteln sind es, wieder laut Wikipedia.

Ich tu beide in die Schublade „Schön“.

Das Wetter kommt in die Schublade: „Sehr windig“. Hier im Hafen weht es kräftig, der Wind heult und jault und pfeift, als wollte er uns etwas mitteilen. So etwas wie: „Hast du den Verstand, äh ein Schaf, verloren?“

Es gibt hier auf La Gomera tatsächlich eine alte Pfeiffsprache, El Silbo, mit der sich die Hirten früher über die Täler und den Wind hinweg über das Notwendigste unterhalten konnten. Die jungen Leute heue können das heute kaum mehr. Im Centro dos Visitantes wird das in einem Video vorgeführt. Eindrucksvoll, konnte mir wirklich nicht vorstellen, dass man so viele Töne und Tonfolgen durch Pfeifen hervorbringen kann!

Heute hatten wir Glück. Nach dem eisigen und feuchten Wind am Mittwoch, der Sicht und Aufenthalt im Freien zumindest in den Höhen verleidete, hatten wir heute herrliche Weitsicht vom Gipfel des Garajonay aus: Die Insel selbst, El Hierro und La Palma in der Ferne, lagen uns zu Füßen, über uns drohnte der Teide…

In der Ferne El Hierro

In der Ferne El Hierro

La Gomera lohnt sich! Nicht von oben überflogen, sondern mit den Füßen erwandert und in die berühmten Zwiebelschalen gekleidet!

Diese Hippies bekamen geld fürs Aufhören...

Diese Hippies bekamen Geld fürs Aufhören…

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