vertragen sich nicht unbedingt. Dabei habe ich keineswegs beides gleichzeitig konsumiert: Alkohol ist beim Segeln bei uns tabu, dazu ist die Natur zu unberechenbar. Unterwegs bleibt der Kopf klar. Punkt! Nein, es war wohl mein Anteil an den zwei Flaschen roten Weines, den wir gemeinsam mit Joanna und Marcel anlässlich meines Geburtstages am Abend vorher getrunken hatten. Er bekam in Kombination mit äußerst unangenehmen Wellen, meinem Magen – sagen wir nicht wohl.
Diese Wellen auf der Überfahrt von Santa Cruz de La Palma waren aber auch wirklich ekelhaft! Drei Meter von der Seite, meist das ganze Schiff durchrollend und verdrehend. So schlimm waren sie nicht mal in der Biskaya! Genauer: Wenn die Querung der Biskaya so blöd verlaufen wäre, wäre ich in A Coruna ausgestiegen!
Hinzu kommt, dass ich die „Barfußroute“ langsam aber sicher für ein Gerücht halte. Mir ist kalt. Morgens hat es 15 bis 17 Grad im Schiff, das ist wahrlich keine Wohlfühltemperatur! Gut, dass wir eine Heizung haben, dem holländischen Klima und dem Vorbesitzer sei Dank! Auch tagsüber wird es kaum über 20 Grad, mit Wind ist das kalt. Ich war ja klug genug, mit mein Ölzeug anzuziehen, und dumm genug das Leichte zu wählen, ohne dicke Unterwäsche. Wer nimmt denn schon an, dass es auf den Kanaren so kalt wie in der Biskaya wird? Also fror ich, zumindest ab späten Nachmittag, als die dunstige Sonne hinter den Bergen La Gomeras versank.
Und dann wollte Tomy auch noch segeln, sprich von Hand steuern. Mein dritter Fehler – nach Rotwein am Vorabend und falschem Ölzeug – war, ihn davon nicht abzuhalten. Denn, wenn er müde war musste ich steuern und ich hasse es! Ich rutsche auf dem halbrunden Sitz hinterm Steuerrad hin und her wie der Puck beim Eishockey, nur nicht ganz so weit, weil ich mich anhänge. Daneben sitzen kann ich nicht, dann seh‘ ich nicht, wohin ich steure. Überhaupt muss ich mich ziemlich verdrehen, damit ich genug sehe und das Steuerrad umklammern kann. Dementsprechend fühlen sich meine Schultern und Arme heute an…
Und dann meldet sich eine Stimme in mir: Wenn die Windsteueranlage ausfällt und du mit drei, vier Meter Welle drei Wochen lang über den Atlantik per Hand steuern musst, frierend…
Gut, dass ich weiß, dass es immer nur Gedanken sind, die Angst machen, sonst nichts. Ich kann an etwas Anderes denken: An die Delphine, die uns von La Palma verabschiedeten und die, die uns in La Gomera willkommen hießen, viele waren es, hoch über die Wellen springend, tief unters Schiff tauchend. Sie verfehlen es nie, uns fröhlich zu stimmen.
Nein, keine Fotos: Der Gedanke unter Deck zu gehen und die Kamera zu holen, war unerträglich! Der Griff zum Funkgerät, um die zahllosen PanPans und Securite Meldungen mitzuhören, war schon schlimm genug. Wie musste es da erst den Menschen auf jenen “Immigrant Vessel” gehen, das darin erwähnt wurde?
So, genug! Jetzt erholen wir uns erst mal ein paar Tage und erkunden La Gomera.