Segeln mit Yemanja

Wale!!!!

Wenn hier jemand glaubt, dass wir zu einer kleinen Gruppe Wahnsinniger gehören, die sich in den Kopf gesetzt hat, weit zu segeln: Weit gefehlt!

Am Kai von Porto Santo haben sich schon hunderte Crews verewigt, viele mehr sind weiter, ohne sich die Mühe zu machen. Wahre Kunstwerke sind dazwischen! Auf den ersten Blick fallen mir drei österreichische Flaggen auf: Die Aleppo und die Cayenne waren hier, von beiden habe ich schon im Internet gelesen, ebenso von der deutschen Amazone. Und seit heute Morgen prangt auch unser Logo auf der Kaimauer von Porto Santo!

Künster am Werk am Kai von Porto Santo

Tomy vor unserem Logo

Durch unseren kreativen Anfall werfen wir erst mittags die Leinen in Porto Santo los. Vor uns liegt ein glattes, tiefblaues Meer. Und wenig Wind. Wir nehmen Kurs auf die Klippen vor Madeira. Vor ein paar Jahren spazierte ich dort mit Melisa, unserer jüngsten Tochter, völlig hingerissen von dieser grandiosen Küste: Die wollte ich Tomy zeigen, vom Meer und vom Land aus!

Hinter dem letzten Felsen von Porto Santo kommt etwas Wind auf, 9 Knoten, wir setzen Segel. Eine Stunde schippern wir gemütlich dahin, dann geht der Wind auf 4 bis 6 Knoten zurück – zu wenig um die spektakuläre Küste bei Tageslicht zu erreichen.

Wieder muss der Unterwasserwind an die Arbeit gehen!

Dafür ziehen wir jetzt zum ersten Mal einen Köder hinter uns her. Die Angelrute samt Ausrüstung bekamen wir von Jochen, jenem Segler aus Bahia, den wir in Katwoude vor einem Jahr trafen. Was wir damit tun sollen, damit ein Fisch anbeißt, erklärte uns Martin von der Ganescha. Nun heißt es eigene Erfahrung sammeln: Passt der Köder? Muss mehr Blei dran? Mehr Leine? Sind wir zu schnell oder zu langsam?

Und vor allen Dingen: Was machen wir, wenn wirklich ein Fisch anbeißt? Töten? Wie? Wer?

Doch was ist das? Etwa ein bis zwei Meilen seitlich vor uns kocht die Luft mit Möwen, die übers Wasser jagen: Ein sicheres Zeichen, dass im Meer darunter größere Jäger ihre Beute zusammentreiben. Doch welche? Delfine sind es nicht, das sieht anders aus. Außerdem blasen die keine Wasserfontänen in die Luft!

Wale!

Leider oder Gott sei Dank, je nachdem, sind sie recht weit weg, wir können sie nur durch das Fernglas beobachten. Laut Walbestimmungsbuch tippen wir auf Schwertwale. Die Recherche im Internet am Abend ergibt – ja, die gibt es hier. Und außerdem noch Pottwale, Blauwale, Orcas, jede Menge Delphine und und und… Wow!

Kurze Zeit später nähern wir uns dieser beindruckenden Küste. Deutlich sind die Schichten und Verwerfungen, ja die Magnakanäle der erkalteten Vulkane erkennbar. Welch ungeheuren Kräfte diese Insel tief aus dem Meer gehoben haben! Ich spüre diese schlummernde und doch lebendige Kraft fast körperlich als lebensspendende Wärme, sie berührt eine verschüttete Macht in mir. Wahnsinn!

Tomy sagt, ich spinne…

Kurz vor der Einfahrt zur Marina gibt Tomy nochmals Gas, jagt den Motor auf 2100 Umdrehungen hoch. Schrrriiillll!
Da schnurrt dieser Motor 35 Stunden mit 1800 Umdrehungen durch, doch bei 2100 fühlt er sich am Schwanz getreten!
Kaum geht Tomy vom Gas ist alles wieder gut. Trotzdem werden wir dem Ganzen auf Grund gegen müssen!

Jetzt liegen wir sicher, ruhig und geborgen im Faller-Häuschen- oder Spielzeugeisenbahn-Dorf Quinta do Lorde. Dieser Ort ist als Ferienanlage mit Marina künstlich doch typisch aus dem Boden gestampft worden. Außerhalb der Hauptsaison ist hier nicht viel los: Über uns glitzern die Sterne, neben uns steigt quasi Lava hoch. Außer zirpenden Grillen hören wir nur, wie die Fische unseren Rumpf sauber knabbern. Uns ist’s recht, wir ziehen die Geräusche der Natur meist den menschlichen vor.

Seht ihr den Lavastrom links zwischen den Masten hochsteigen?

Fairerweise muss ich gestehen, dass andere das auch anders sehen: “Das ist sozusagen ein „Retortenhafen“; frische Legobauweise mit Palmen. Alles neu, pur für Urlauber – nur waren diese nicht da. Es war fast unwirklich… ohne Bewohner, ohne Flair, aber teuer.” Zumindest für die 44 Fuß X-Yacht GarliX, von deren Blog dieses Zitat stammt.Für unser kleines Schiff ist der Aufenthalt nicht teuer, wir haben schon für viel weniger einiges mehr bezahlt. Teuer ist allerdings das Drumherum, das Bier an der Bar ist nicht unsere finanzielle Priorität.

Quinta do Lorde

Also kommt her und seht selbst!

Nicht so einfach?

Ich finde es auch unglaublich, dass ich, als unsportlichstes Wesen der Welt, außerdem Nicht-Seglerein, bis nach Maderia gesegelt bin!

Ich bin zutiefst beeindruckt von mir selbst!

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