Am Ufer der Einfahrt in den Tejo, jenen Fluss, an dem Lissabon liegt, reiht sich Villa an Villa, auch Fort an Fort. Die Einfahrt nach Lissabon muss einst die bestgesicherste Europas gewesen sein!
Cascais und Estoril sind die reichen Vororte der Stadt, mit schlossähnlichen Häusern aus alten Zeiten, modernen Villen, breiten Promenaden und allem, was dazu gehört. Nachdem ich das gesehen habe, mache ich mir keine Sorgen mehr um Portugal: Geld ist da!
Was fehlt ist vielleicht ein Mann vom Format eines Sebastião de Mello, einer der den bestehenden Strukturen und Seilschaften mit Weitblick, Verstand und Uneigennutz trotzt. Vielleicht braucht es auch ein Erdbeben, damit so ein Mann Reformen angehen kann: Sebastião de Mello, Premierminister nach dem welterschütternden Erdbeben 1755, organisierte den Wiederaufbau Lissabons als moderne Stadt, schaffte in der Folge die Sklaverei in Portugal und den indischen Kolonien ab, reformierte die Wirtschaft, schuf dabei unter anderem die erste geschützte Weinbauregion der Welt – das Douro Tal – und legte sich mit Kirche und Adel an. Ironischerweise erhielt er für seine Verdienste den adeligen Titel Marquis von Pombal.
Auch Oeiras ist eine gepflegte Vorstadt mit einem Fort, schönen Stränden, Palmen, Schwimmbädern, der Marina und der Strandpromenade. Auf ihr bewegt sich alles: laufend, schlendernd, mit Rollerblades, auf Skateboards, mit Fahrrädern und Karts, im Rollstuhl oder mit Stock, mit Hund und Kind und Kegel: Vorne läuft der Hund, dann die Eltern, dahinter die Kinder auf dem Fahrrad.
In Belém, dem kulturellem Zentrum, herrscht am Wochenende Hochbetrieb, die Portugiesen flüchten aus der Stadt, die Touristen in die Museen, denn sonntags ist freier Eintritt. Wir schenken uns das Hieronymus Kloster, auch wenn es das schönste Gebäude in Lissabon ist: Wir haben es in guter Erinnerung von unserem letzten Besuch hier vor 12 Jahren. Damals waren wir nicht beim Torre de Belem, auch nicht beim Monument der Entdecker – beides ist eindrucksvoll und wird von uns von außen besichtigt. Freier Eintritt heißt ja auch durchgeschoben werden und anstehen. Das haben wir uns in Sintra geschworen, tun wir nie wieder in unserem Kulturraum.
Dafür bewundern wir Fortbewegungsmittel aus vergangenen Zeiten: Die Kutschen der königlichen Familie und der Päpste im Kutschenmuseum, die Schiffe der Entdecker, der Fischer, der Marine, auch die der Könige im Marinemuseum, wo auch ein paar alte Wasserflugzeuge ausgestellt sind.
In Lissabon, übrigens auch in den Vororten, fällt uns als erstes auf, was im restlichen Portugal fast völlig fehlt: Graffiti von der Sorte der Schmiererei, nicht der von mir vielbewunderten Kunst. Eigentlich spricht das gegen allgemeinen Wohlstand und für Verfall, zumindest für Gefälle zwischen Arm und Reich. Ist euch schon mal aufgefallen, dass nicht immer Größe oder Prunk wohlhabende Menschen umgibt, aber ziemlich sicher Sauberkeit und Ordnung oder wenigstens gepflegte und gewollte Unordnung? Deko nennt frau das heute…
Abseits der Touristenrouten herrscht auch in Lissabon Verfall vom Feinsten, doch der Stadt fehlt der Charme: Zu enge Straßen, obwohl sie einst als unsinnig breit galten, zu hohe Häuser, enge Fluchten. Hätte Sebastião de Mello sie doch nur noch breiter bauen lassen!
Durch die Straßen der Cidade Baixa werden Touristen in allen möglichen Gefährten transportiert: Rote Hopp-on Hopp-off Busse, Linienbusse, modere Straßenbahn, alte Tram, Taxis, Rikschas und Busse mit Kreuzfahrern, dazu die Autos, Motorräder und Lieferwägen der Bevölkerung.
Die Kreuzfahrer, gekennzeichnet mit Schildchen, folgen Fähnchen und Täfelchen und entlocken mir ein Stoßgebet: “Quelle des Lebens, lass mich nie alt genug für eine Kreuzfahrt werden! Und wecke in mir Nachsicht und Verständnis für jene, die Kreuzfahrten toll finden!”
Nein, mit Lissabon werden wir nicht warm!
Vielleicht tu ich der Stadt auch unrecht, wenn ich sie nicht mit dem Herzen sehen kann. Erfahrung, Erwartung, meine Einstellung, vielleicht auch mein Frust darüber, dass der Wind uns hier festhält, erschweren es mir, begeistert zu sein.
Mansion after mansion, villa after villa, fort after fort are overlooking the approach to Lisbon and the river Tejo. Cascais and Estoril are the rich suburbs of the city, with mansions of old times and modern villas, wide promenades and all that makes it special. After seeing this I am no longer worried about Portugal: There is enough money.
What may be missing is a leader like Sebastião de Mello, who modernized Portugal and built up Lisbon after the world shaking earth quake in 1755. He ended slavery in Portugal and in the indian colonies, reformed the economy, established the Douro Valley as first wine region in the world and made himself lots of enemies in church and aristocracy. Ironically he was named Marques de Pombal for all his achievements.
Oeiras, where we are berthed, is a well kept suburb as well, with a fort, beaches, palm trees, pools, the marina and a promenade. There’s a lot of movement there: running, walking, strolling, roller blading, skating, biking, in wheel chairs or with crutches, accompanied by kids and dogs: Dog first, then the parents running, followed by the kids on their bikes.
There are a lot of people in Belém, the cultural center of Lisbon, on the weekend. The Portuguese flee the city, the tourists take advantage of the free entry to the museums on Sunday. We skip the famous and beautiful Hieronymus monastery: We have enjoyed our visit there 12 years ago. At that time we did not see the Torre de Belem and the monument of Discovery. Both are impressing from outside. As we neither do want to queue, nor be pushed through we do not go in.
Instead we admire old carriages, ships and planes in the museum of carriages and the marine museum.
In Lisbon and suburbs we cannot help noticing what is almost entirely missed in the rest of the country: graffiti, but not the arty one. To me this is a sign of poverty and depression. Did you ever notice that it is not necessarily splendor which accompanies wealth and abundance but almost always tidiness and decoration?
Just a step away from the usual tourist paths there is decay in Lisbon as well, but the city misses charm. The streets are too narrow, although they once were thought to be too wide, the houses too high. Sebastião de Mello should have built them even wider!
Tourists are driven through Cidade Baixa in all kinds of vehicles: red hop-on hop-off busses, regular busses, modern metro, old fashioned tram, rickshaws, taxis, busses with cruisers, plus the cars, motor bikes and lorries of the inhabitants.
No we won’t become friends, Lisbon and us!
I may wrong the city if I can’t see it with the eyes of my heart. Experience, expectation, approach, or maybe my frustration about the wind coming from the wrong direction make it difficult for me to be enthusiastic.