Baleia

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Stille.
Kein Glucksen und Blubbern, kein Surren und Säuseln
Kein Schaukeln und Schwojen.
Nichts.
Keine Bewegung.
Als ob wir auf Trockendock lägen.
Welch‘ ein Unterschied zu der Nacht zuvor!

Nachdem Montagmorgen die zweite Batterie kochte, blieb uns nichts anderes übrig, als in der Marina Centro Nautico den Feiertag abzuwarten. Um die Dinge ein wenig zu beschleunigen, ging Tomy am Dienstag gleich nach dem Frühstück rüber in die Bahia Marina zu Carlos. In Tomys Beisein organisierte er uns vier Batterien, die um ein Uhr geliefert und installiert wurden. Gut, Delphi sind es keine, die gibt es angeblich nicht mehr, zumindest nicht in Brasilien. Sind jetzt brasilianische. Auch gut – wir können weiter!

Lieferng und Installation waren übrigens im Preis inbegriffen (gleicher Preis wie in Deutschland) . Ich gab dem jungem Mann 30 Real Trinkgeld – in seinem Gesicht ging die Sonne auf! Und wir haben wohl einen neuen Freund…

Am Mittwoch um halb neun brachen wir endlich auf nach Camamu. Allerdings mussten wir bei Morro de São Paulo, dem beliebtesten Urlaubs- und Partyort Bahias, eine Nacht Pause einlegen. Wir wussten zwar, dass der Ankerplatz vor dem Iate Clube rollig sein kann, doch als wir ankamen, war es relativ ruhig.

Morro de Sao Paulo

Morro de Sao Paulo

Die Ruhe täuschte.

Nicht nur wir, auch andere Segler lagen mitten in der Einflugschneise der Taxiboote: Angefangen bei den traditionellen, langsamen Lanchas bis hin zu Schnellbooten mit 500PS nahmen alle Schiffe, die die Ortschaften auf der autolosen Insel miteinander verbinden, uns als Ansteuerung. Kurz vor dem Knall drehten sie ab, mit Vollgas natürlich. Wenn wir Glück hatten, rauschte einer links und einer rechts vorbei, dann glichen sich die Wellen in der Mitte aus. Sicher nachts fuhr keiner mehr, aber da setzte der Wind ein. Und die Wellen…

Einflugschneise

Einflugschneise

Gut, wir wollten ja früh weg. Um halb acht ging es weiter. Erst mal mit tadellos laufendem Motor raus, gegen 17 Knoten Wind und 2 bis 3 m Welle. Ich überlegte, ob ich seekrank werden sollte: Ich war mir nicht sicher, ob das seltsame Gefühl in der Magengrube Hunger – eine viertel Ananas zu Frühstück ist nicht viel – oder etwas Anderes war. Ich entschied mich für ein gekochtes Ei vom Vortag, die Wellen beruhigten sich, mein Magen auch und ab ging die Post. Höchstgeschwindigkeit 11,4 Knoten maß unser Plotter.

Wind und Wellen ließen weiter nach, doch wir kamen gut voran. Ich starrte ins Blaue. Immer wieder meinte ich ungewöhnliche Wellenberge oder etwas Schwarzes gesehen zu haben: ein Wal, das wäre ein Traum! Doch meine Einbildung spielte nur mit mir, obwohl ich wusste, dass es hier welche gibt: Tomy hatte am Tag zuvor ein Blas gesehen.

Und dann:

„Tomy, da ein Blas!“

Ich stand auf, um mehr zu sehen – Ein Buckelwal, ein wenig größer als unser Schiff, sprang gut 100 m seitlich von uns aus dem Wasser, drehte uns den Bauch zu, und platschte wieder hinein. Er zeigte uns noch ein paar Mal seine Flipper und sein Blas, genug für ein Beweisfoto.

Baleia! Unser erster Wal! Atemberaubend!

Buckelwal

Buckelwal

Schon damals, als wir noch hier wohnten, fuhren wir raus zu einer Walbeobachtungstour. Die Buckelwale, Baleias auf portugiesisch, kommen in den südlichen Wintermonaten vor die Küste Bahias, um hier ihre Jungen zu bekommen. Ende der 80er Jahre waren sie fast ausgerottet, heute soll es wieder um die 9000 geben. In Praia do Forte, nördlich von Salvador, ist eine Beobachtungsstation, wo man auch Touren buchen kann. Wir sahen damals keine: Es war Anfang November, die Wale waren schon nach Süden gezogen: Den südlichen Sommer verbringen sie in den antarktischen Gewässern.

An Barra Grande und wunderschönen Stränden vorbei fuhren wir in die Bucht von Camamu. Hübsche Barracas und Häuser säumen das Ufer, wechseln sich ab, mit langen einsamen Sandstränden. Vor den Siedlungen liegen hölzerne Stege, Lanchas, kleine Fischerboote, Einbäume, auch ein paar modernere Taxiboote. Doch hier ist alles langsam und gemütlich – hier überrollt uns kein Speedboot. Hier will niemand noch schnell zur Fähre oder zur Party.

Camamu 1 (11)

Wir ankern zwischen den Mangroven der Ilha do Goió und Saphinjo auf der Ilha do Campinho. Tomy rudert uns noch für ein Sundowner Bier zur kleinen Bar auf der Insel: Vor uns der Fluss, Palmen, Fischerboote, rechts ein paar Häuser und einfach nur ruhiges Sein. Ein Paradies. Hier bleiben. Am liebsten wochenlang.

Camamu 1 (18)

Braucht der Mensch denn mehr? Frisches Wasser, Strom, ein Dach übern Kopf, eine Hose, ein Hemd, Fische und Kokosnüsse.

Ja, ich weiß, wir brauchen mehr. Wir wollen wissen, was hinter der Biegung des Flusses liegt. Internet vielleicht. Morgen.

Mein Körper sagt mir um 7 Uhr abends: Es ist warm und seit einer Stunde dunkel: Es ist mindestens 11 Uhr nachts, Zeit schlafen zu gehen…

Camamu 1 (21)

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